08. Dezember 2015

Business Angel GmbH als Finanzunternehmen?

Staufer

von Rudolf Staufer, Rechtsanwalt, Steuerberater, KPMG

I. Steuerpflicht von Dividenden und Veräußerungsgewinnen

Wenn Kapitalgesellschaften Aktien oder GmbH-Anteile veräußern oder Dividenden beziehen, sind dabei erzielte Gewinne grundsätzlich weitgehend, d.h. im Ergebnis zu 95 %, steuerfrei. Von diesem Grundsatz enthält das Gesetz insbesondere eine Ausnahme für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach dem Kreditwesengesetz – KWG (§ 8b Abs. 7 Satz 1 KStG). Als Folge dessen sind alle Gewinnausschüttungen und Veräußerungsgewinne als voll steuerpflichtig zu behandeln. Nach § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG gilt diese Ausnahme von der 95%-igen Steuerfreiheit darüber hinaus auch für Anteile an Kapitalgesellschaften, die 1. von Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) 2. mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges 3. erworben werden.

II. Business Angel GmbH als Finanzunternehmen?

Nach den veröffentlichten Verwaltungsanweisungen handelt es sich bei Finanzunternehmen insbesondere um Gesellschaften, deren Haupttätigkeit darin besteht, Beteiligungen zu erwerben und zu halten (Vgl. BMF, Schreiben vom 25.7.2002, BStBl. I 2002, 712). Auch eine Business Angel GmbH kann demnach als Finanzunternehmen im Sinne des KWG unter den steuerlichen Ausnahmetatbestand fallen.

III. Kurzfristige Erzielung eines Eigenhandelserfolges als Ziel?

Die Eigenhandelsabsicht ist eine innere Tatsache und insoweit nur dem Indizienbeweis zugängig. Das heißt, diese Absicht kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls festgestellt werden. Die Finanzverwaltung geht hierzu davon aus, dass bereits dann vom Vorliegen dieser Absicht auszugehen ist, wenn die Anteile dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind (Vgl. BMF, Schreiben vom 25.7.2002, BStBl. I 2002, 712). Nach Ansicht in der Rechtsprechung liegt darin ein maßgebliches Indiz. Einen zwingenden Schluss auf die Eigenhandelsabsicht lässt sich aus der Zuordnung der Anteile zum Umlaufvermögen jedoch noch nicht ziehen, da diese Zuordnung nicht ohne weiteres die Absicht zum Ausdruck bringt, die Wertpapiere mit Gewinnerzielungsabsicht weiter zu veräußern (Vgl. BFH vom 12.11.2011, I R 4/11, BFH/NV 2012, 453). Als weitere Indizien für eine Eigenhandelsabsicht werden insbesondere genannt:

  • Art der sonstigen Tätigkeit des Erwerbers
  • Beteiligungsauswahl anhand des zu erwartenden Kursziels und nicht nach der Dividendenrendite
  • Kein Vorliegen eines eigenständigen wirtschaftlichen Interesses an einer langfristigen Beteiligung

Weiteres Merkmal ist die „Kurzfristigkeit“, in der der Eigenhandelserfolg erzielt werden soll. Hier ist zu beachten, dass zwar eine kurze Haltedauer von ein oder zwei Monaten für eine kurzfristige Eigenhandelsabsicht sprechen soll (Vgl. BFH, Beschluss vom 30.11.2011, I B 105/11, BFH/NV 2012, 45). Unklar ist jedoch, ob umgekehrt bei einer tatsächlich eingetretenen längeren Haltedauer bei Wertpapieren des Umlaufvermögens von dieser auf das Fehlen der „kurzfristigen“ Eigenhandelsabsicht geschlossen werden kann. Denn wegen der kaum vorhersehbaren Kursentwicklungen kann einer rückwirkenden Betrachtung keine entscheidende Bedeutung bei der Indizienwürdigung auf den Erwerbszeitpunkt zukommen. Aus der Sicht einer Business Angel GmbH ist es daher ratsam, auf eine Zuordnung der Beteiligung zum Anlagevermögen hinzuwirken. Damit allein ist es jedoch nicht getan, weil sich die Zuordnung zum Anlagevermögen zwar als gewichtiges, aber nicht als alleiniges Indiz für das Fehlen einer Eigenhandelsabsicht verstehen lässt. Vielmehr sollten die Umstände, die zu dem Erwerb der Beteiligung geführt haben, und die Erwartungen des Business Angels und die mittel- und langfristigen Ziele bereits im Erwerbszeitpunkt schriftlich dokumentiert werden. Businesspläne und ähnliche Dokumente können beispielsweise aufzeigen, dass das Interesse der Business Angels nicht in der „kurzfristigen“ Veräußerung der Beteiligung liegt, sondern die Motivation zum Erwerb der Beteiligung im Aufbau und der Entwicklung einer nachhaltigen geschäftlichen Tätigkeit des jungen Unternehmens liegt. Nichtsdestotrotz wäre es wünschenswert, wenn von Seiten der Finanzverwaltung dieses Merkmal in den allgemeinen Verwaltungsanweisungen weiter konkretisiert würde. Dabei sollte explizit darauf hingewiesen werden, dass das Bereitstellung von Finanzmitteln für das junge Unternehmen durch die Business Angel GmbH – sei es als weiteres Eigenkapital oder als Darlehen – die Langfristigkeit des Engagements durch die Business Angel GmbH unterstreicht und aus diesem Grund in diesen Fällen regelmäßig nicht von der Absicht der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges auszugehen ist.

 IV. „Erworbene“ Beteiligung?

Nach dem Gesetzeswortlaut gilt die Vorschrift nur für solche Anteile, die zuvor „erworben“ wurden. Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei einem „Erwerb“ in diesem Sinne in erster Linie um einen solchen, der auf einen Veräußerungsvorgang zurückzuführen ist (Vgl. BFH, Urteil vom 14.01.2009, I R 36/08, BStBl II 2009, 671). Damit ist eine Beteiligung „erworben“, wenn die Business Angel GmbH die Anteile von einem Anteilseigner des Start-ups (beispielsweise einem der Gründer) erwirbt. Nicht betroffen sind danach Beteiligungen, die eine Business Angel GmbH im Rahmen der Gründung einer Start-up-GmbH oder Start-up-AG unmittelbar erhält.

Nicht abschließend geklärt ist bisher, wie Beteiligungen zu behandeln sind, die eine Business Angel GmbH im Rahmen einer Kapitalerhöhung erhält. Häufig kommt es vor, dass bei Teilnahme an einer Finanzierungsrunde die Start-up-GmbH eine Kapitalerhöhung durchführt und die Business Angel GmbH im Rahmen dieser Kapitalerhöhung neue Anteile erhält. Hier erscheint es naheliegend, den Erwerb einer Beteiligung im Rahmen einer Kapitalerhöhung so zu behandeln wie den Erwerb einer Beteiligung im Rahmen der Gründung einer Gesellschaft. Aus der Sicht der Business Angel GmbH spricht daher der Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, dass die steuerliche Ausnahmeregelung für Finanzunternehmen nicht anwendbar ist.

Auch an dieser Stelle wäre es jedoch wünschenswert, dass die Finanzverwaltung in ihren Verwaltungsanweisungen in diesem Sinne ausdrücklich Stellung bezieht und in einer veröffentlichten Verwaltungsanweisung die Ausgabe neuer Anteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung dem Anteilserwerb im Rahmen der Gründung einer Gesellschaft gleichsetzt.

Dieser Beitrag ist in der BANDquartal Sonderausgabe 2015 erschienen.