03. Dezember 2020

BrANDneues 16/2020: Start-up Corona Schutzschild bis 30.06.2021 verlängert


Flickenteppich hebelt Chancengleichheit für Start-ups aus

Die gute Nachricht ist: Über den 31.12.2020 hinaus bis zum 30.06.2021 können Start-ups mit Finanzierungsmitteln aus dem Start-up Corona Schutzschild des Bundes rechnen. Die Bedingungen sowohl für Säule I als auch für Säule II bleiben unverändert. Weitere Finanzierungsmittel des Bundes wird es (zunächst) nicht geben, da die zur Verfügung gestellte Summe von 2 Mrd. Euro noch nicht ausgeschöpft ist. Laut Bundesfinanzministerium wurden in Säule 1 bislang Anträge von Wagniskapital-Fondsmanagern mit einem Volumen von rd. 860 Mio. EUR bewilligt. Die Fonds wollen damit rd. 350 Start-ups finanzieren. Zur Umsetzung der Säule 2 hat die KfW bislang Globaldarlehensverträge in einem Gesamtvolumen von rund 556 Mio. Euro mit den Förderinstitutionen aus folgenden Ländern geschlossen: Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Finanzierungen in Mecklenburg-Vorpommern werden über die Landesförderinstitution in Thüringen abgewickelt.

Die Mittel der Säule II werden den Start-ups bekanntlich nicht von einer Einrichtung des Bundes, sondern von den Landesbanken und Landesförderinstituten über jeweils eigene Programme zur Verfügung gestellt. Einige dieser Banken hatten die Antragsfrist auf den 30.11.2020 gesetzt. Im Hinblick auf die Verlängerung sollten Business Angels und ihre Start-ups diese Frist nicht akzeptieren, da ein Bearbeitungstopp angesichts der Dringlichkeit nicht zu verantworten wäre.

Auf zwei wichtige Punkte ist in diesem Zusammenhang hinzuweisen:

Soweit bei Finanzierungen aus Säule II ein Angel Ko-Investment stattfindet, ist der INVEST Zuschuss für dieses Investment beihilferechtlich unschädlich. Außerdem: Klein und Kleinstunternehmen, das sind solche mit weniger als 50 Mitarbeitern und bis zu 10 Mio. Umsatz oder Bilanzsumme, gelten nur dann als nicht förderfähiges „Unternehmen in Schwierigkeiten“, wenn sie im Insolvenzverfahren sind. Diese für Start-ups positive Regelung ergibt sich aus der letzten Änderung der Kleinbeihilfenregelung vom 03.08.2020. Obwohl der Verband der Öffentlichen Banken (VÖB) gegenüber BAND mit Mail vom 10.11.2020 bestätigt hat, dass „hierbei die jeweils gültige Version der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 und beihilferechtlichen Vorschriften der EU-Kommission (insbesondere Temporary Framework 2020 und der jeweils aktuell gültigen Spruchpraxis) zum Zeitpunkt der Zusage vollständig einzuhalten“ seien, wird offenkundig nicht von allen Landesförderinstituten entsprechend verfahren,

BAND hat eine Übersicht (PDF) zu den für Business Angels relevantesten Kriterien über die Umsetzung der Säule II den einzelnen Bundesländern erstellt und den zuständigen Landesförderinstituten Gelegenheit zur Korrektur gegeben.

Erkennbar ist, dass einige kleinere Länder wie Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen gerade erst die Umsetzung planen und keine näheren Informationen vorliegen oder mitgeteilt werden. Aus Sicht von BAND ist dies nicht hinnehmbar und muss deutlich kritisiert werden. Das Ko-Investment mit Business Angels ist nur in den Ländern Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg und Sachsen erwünscht bzw. vorgesehen. Besonders beliebt sind offenbar stille Beteiligungen, vermutlich weil diese zu den eingeübten Geschäften dieser Institute zählen, während offene Beteiligungen meist erst in zweiter Linie genannt werden. Häufig sind auch Wandeldarlehen, z.B. Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen. Deren Bedingungen sind allerdings oft wenig marktkonform, z.B. mit Kündigungsrecht durch die Start-ups ausgestattet oder mit fester Bewertung zum Zeitpunkt der Wandlung. Sehr unterschiedlich werden auch die Fragen der Altersbegrenzung der Unternehmen (36 Monate in NRW, viele ohne Altersbegrenzung) und der Höchstbeträge der Finanzierung gehandhabt (200 Tsd. Euro NRW, viele bis zur zulässigen Grenze von 800 Tsd. Euro). Schließlich finanziert die Landesbank Baden-Württemberg nicht direkt, sondern über akkreditierte VC, wovon es bisher aber nur einen gibt, und die IBB Berlin hat ein Programm der Finanzierung über akkreditierte Intermediäre aufgelegt, wozu auch einige Business Angels zählen.

Als Fazit kann festgehalten werden, dass es besser gewesen wäre, wenn die Bundesregierung bzw. die KfW den Ländern einige Strukturprinzipien vorgegeben hätte. Leider ist ein Flickenteppich entstanden, der die Chancengleichheit der Start-ups aushebelt. Für Business Angels, die in Start-ups in mehreren Bundesländern investiert sind, ist der Aufwand groß. Denn sie müssen sich mit sehr unterschiedlichen Programmen vertraut machen, wenn sie die Start-ups bei der Nutzung des Säule II Programms unterstützen wollen.

Die Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums zum Thema finden Sie hier.