27. April 2020

Mitarbeiterbeteiligung: Studie zeigt Schwächen im deutschen System


Neben der allgegenwärtigen Corona-Krise wird auch ein weiteres Thema im deutschen Startup-Ecosystem heftig diskutiert: Mitarbeiterkapitalbeteiligungen (MKB). Was in anderen Ländern zum Standard gehört, wird in Deutschland trotz nachgewiesener positiver Effekte immer noch viel zu wenig praktiziert. Die jetzt erschienene vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegebene Studie „Verbreitung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Deutschland und Europa“ analysiert die Situation in Deutschland sowie in anderen EU-Staaten und empfiehlt auch konkrete Maßnahmen.

Die Auswertungen ergaben, dass Deutschland bei der Nutzung der Kapitalbeteiligung im Vergleich mit anderen EU-Staaten nur im unteren Mittelfeld landete, je nach Datensatz sogar auf den hintersten Plätzen. In deutschen Startups sind momentan vor allem virtuelle Beteiligungen üblich, bei denen der Arbeitnehmer keine Unternehmensanteile, sondern nur eine Gewinnbeteiligung erhält. Um mögliche Änderungen des gesetzlichen Rahmens vorzuschlagen, wurden die EU-Staaten mit der höchsten MKB Verbreitung (IE, ES, FR, IT, AT, SI, UK) besonders untersucht. Herauskam, dass vor allem ein klar regulierter konsistenter Rahmen existieren muss, damit sich die Nutzung von MKB in Kleinen und mittleren Unternehmen erhöht.

Dass Änderungen an den momentanen Regelungen zu einer großen Verbreitung der MKB in Deutschland führen können, zeigt die Potenzialabschätzung der Studie. Insgesamt identifizierte die Studie 100.000 deutsche Unternehmen, welche für eine MKB in Frage kommen würden.

Ein Mittel zur Förderung sieht die Studie in der Einführung einer nachgelagerten Besteuerung. Dies würde bedeuten, dass die Steuerlast auf den Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligung verschoben wird und nicht wie momentan festgeschrieben sofort zu Anfang erbracht werden müsste. Die Änderung dieser Regel würde vermeiden, dass Steuern auf einen Wert erhoben werden, der (noch) nicht liquide ist und bis zum Verkauf schlimmstenfalls seinen Wert verlieren könnte. Der Ertrag würde sich in einem Investitionszeitraum von sieben Jahren bei 3 % Verzinsung hingegen nur um 5% erhöhen.

Insgesamt hat die Studie eine Vielzahl an Maßnahmen vorgeschlagen, welche zu einer stärkeren Nutzung der MKB in Deutschland führen soll. Neben allgemeinen Vorschlägen, wie der Erhöhung des Freibetrags, die Privilegierung langfristiger Kapitalbeteiligungen, die Verbreitung des Wissens der Existenz und des Effektes der MKB und dem Vorschlag, das Problem auf europäischer Ebene zu lösen, gibt es auch Vorschläge speziell für Startups:

1. Schaffung von Alternativen zu „virtuelle Beteiligungen“, indem die GmbH Beteiligung durch eine besonders für Startups angepasste steuerliche Förderung attraktiver gemacht, hier vor allem auch im Bereich der Aktienoptionen,

2. Differenzierung zwischen echter Kapitalbeteiligung und Gewinnbeteiligung, z.B. durch die Einführung der nachgelagerten Besteuerung nur für Kapitalbeteiligungen,

3. Änderung der Besteuerung von Exit-Gewinnen bei Start-ups, indem Kapitalbeteiligungen als Kapitalanlage anstatt als Einkommen betrachtet werden.

Zusammengefasst zeigt sich, dass Deutschland Nachholbedarf beim Thema Mitarbeiterkapitalbeteiligung hat. Mit geeigneten Maßnahmen kann aber der Vorsprung anderer Länder eingeholt werden und die deutsche Arbeitslandschaft zum Positiven verändert werden.

Hinweis: BAND plant ein Online-Seminar zum Thema „Mitarbeiterbeteiligung“ mit Rechtsanwalt Prof. Dr. Christoph von Einem, ARQIS Rechtsanwälte, der sich als einer der besten Experten zu diesem Thema einen Namen gemacht hat.


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