07. September 2020

Business Angels Panel 72: Überraschend investitionsfreudig


Business Angels zeigten zuletzt trotz getrübter Stimmung ein großes Interesse an neuen Deals. Ein Strohfeuer?

Das Virus wirkt weiterhin. Die Stimmung unter den Business Angels bleibt aufgrund der Corona-Pandemie auf historisch niedrigem Niveau. Im zweiten Quartal bewerten sie ihre Geschäftslage lediglich mit 4,0 Punkten. Bei den Geschäfts­aussichten vergeben sie magere 4,5 Punkte. Das ist zwar minimal besser als im Vorquartal, aber weit entfernt von den üblichen Einschätzungen der Berufsoptimisten (s. Grafik). Die Skala reicht von 1 (=sehr schlecht) bis 7 (=sehr gut).

Es gibt aber auch gute Nachrichten: Die insgesamt 42 Panelisten erhielten deutlich mehr Businesspläne als zuletzt. Jeder fand im Mittel 43 ausformulierte Geschäftsideen in seinem Postkasten. Diese Zahl wird zwar leicht ver­fälscht von einem Befragten, der satte 300 Einsendungen erhielt. Doch auch ohne diesen Ausreißer läge der Durchschnitt klar über dem langjährigen Mittelwert von knapp 19.

Im Zuge dieses Aufschwungs stieg auch die Zahl der geführten Beteiligungsgespräche: Jeder Business Angel trat in immerhin gut zwei Ver­tragsverhandlungen ein. Das reicht zwar noch nicht an den Durchschnitt seit 2002 heran (2,7), ist aber deutlich mehr die 1,3 aus dem Vorquartal.

Besonders erfreulich: Satte 70 % der Befragten überwiesen Geld an junge Unternehmen. Bleibt zu hoffen, dass das frische Kapital nicht alleine an Gründerteams ging, die bereits im Portfolio des Investors waren – als Corona-Nothilfe.

Die Summen, die dabei die Seiten wechselten, waren relativ hoch. Im Durchschnitt machte jeder Befragte 106 000 € locker. Gepusht wurde diese Zahl von einem Power-Angel, der gigantische 1,8 Mio. € in Gründerhände gab. Doch selbst ohne diesen Extreminvestor läge der Mittelwert noch über dem Vorquartalswert.

Größte Hoffnung auf himmlische Unterstützung dürfen sich weiterhin Software-Entwickler machen. Gute Karten haben außerdem Web­serviceanbieter, Umwelttechniker und Medizin­techniker. Neu in den Top-5 sind die Bereitsteller von Internetinfrastrukturen. Vermutlich hat das zu tun mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G. Er bildet die technologische Basis für das „Internet der Dinge“.

Erstaunlich ist, wie groß das verfügbare Budget der Business Angels plötzlich ist. Sie gaben an, aktuell erst 56,7 % ihrer für Wagnisfinan­zierungen vorgesehenen Mittel investiert zu haben. So viel freies Kapital gab es zuletzt vor sechs Jahren. Ab 2015 lag der Wert regelmäßig um die 70 %.

Hier bleibt zu hoffen, dass diese Spendierlaune kein Strohfeuer ist. Möglich wäre das. Denn als die aktuelle Panelumfrage endete, waren die Stimmen, die vor einer zweiten Welle warnten, noch bei weitem nicht so laut wie derzeit.

Auch die jüngste Exitbilanz könnte das neu entfachte Investitionsinteresse schnell wieder ersticken: Insgesamt wurden sechs Fälle gemeldet, in denen sich ein Geldgeber von einer Beteiligung verabschiedete. Die Hälfte dieser Trennungen fand auf dem Unternehmensfriedhof statt – das investierte Kapital musste also komplett abgeschrieben werden.

Erstmals abgefragt wurde in der jüngsten Panelrunde die Geschlechterverteilung im Portfolio. Ergebnis: Es gibt kaum Teams, in denen Frauen in der Mehrheit sind. Bei über 80 % der Befragten liegt der entsprechende Anteil zwischen 0 % und 20 %.

via VDI Nachrichten, sta