BAND (vgl. BrANDneues 03/2013) hatte die Zeichen richtig gedeutet: Gestern Abend hat der Vermittlungsausschuss den in einer eigens eingesetzten Arbeitsgruppe vorbereiteten Kompromiss zwischen Bundestag und Bundesrat abgesegnet. Danach werden Dividenden aus in- und ausländischem Streubesitz (unter 10 %) künftig körperschafts- und gewerbesteuerpflichtig, Veräußerungsgewinne hingegen nicht – Dies wäre für die Start-up Finanzierungen durch Business Angels verheerend gewesen. Lesen Sie im Einzelnen hierzu die nachstehende Schnellanalyse von Joachim Breithaupt, Steuerexperte bei Osborne Clarke in Köln.
Der lange Prozess zu diesem Ergebnis hat aber auch gezeigt: Zum ersten Mal in der Geschichte ist in Deutschland die Stimme der Start-up Szene und der Gründerfinanzierung im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens wahrgenommen und sind ihre Argumente berücksichtigt worden. Dies lässt hoffen, dass der hervorragende volkswirtschaftliche Stellenwert der Finanzierung innovativer Gründungen auch künftig bei politischen Entscheidungen die ihm angemessene Rolle spielt. Allen beteiligten Politikern ist also Dank zu sagen, dass das durch das EuGH Urteil entstandene komplexe Problem vernünftig gelöst worden ist. Dank gilt aber auch den Mitgliedsnetzwerken von BAND, die – genauso wie BAND beim Bund – im Kontakt mit den Entscheidungsträgern der Länder über die Besorgnisse des Gründerfinanzierungsmarktes aufgeklärt haben.
Steuerliche Behandlung von Streubesitzbeteiligungen
Ende gut alles gut?
Von Rechtsanwalt & Steuerberater Joachim Breithaupt, Kanzlei Osborne Clarke, Köln
Nachdem der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 20. Oktober 2011 erhebliche Bedenken an der europarechtlichen Zulässigkeit der steuerlichen Begünstigung von Streubesitzbeteiligungen an Kapitalgesellschaften angemeldet hat, war der Gesetzgeber aufgefordert, eine Neuregelung des § 8b Körperschaftsteuergesetz zu schaffen. Im Sommer 2012 gab es erste Entwürfe, die darauf abzielten, bei Beteiligungen von bis zu 10 % an Kapitalgesellschaften die Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne und auch Dividenden zu streichen. Damit sollte die bisherige Ungleichbehandlung von ausländischen und inländischen Anteilseignern beseitigt werden.
Nicht zuletzt durch die erheblichen Interventionen aus der Gründerszene und die Aktivitäten von BAND ist es gelungen, den Gesetzgeber von der Schädlichkeit dieses Vorschlags für die Bereitschaft zur Finanzierung junger Unternehmen zu überzeugen. Nach mehreren Sitzungen des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat wurde gestern (26.02.2013) ein Kompromiss gefunden. Nur noch Dividenden und sonstige Gewinnbezüge sollen nicht mehr steuerfrei sein, wenn der Investor zu Beginn des Kalenderjahres mit weniger als 10 Prozent des Stammkapitals an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Die Steuerfreiheit für Gewinne bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften soll demgegenüber bei jeder Beteiligung erhalten bleiben. Mit diesem Vorschlag können Investoren bei der Gründungs- und Wachstumsfinanzierung leben.
Gewinnausschüttungen finden gerade in den ersten Jahren eines Unternehmens nicht statt. Für Investoren kommt es vielmehr nur auf die Wertsteigerung ihrer Beteiligung und deren Realisierung beim Verkauf an. Sollte es doch mal auf Gewinnausschüttungen ankommen, sieht der Gesetzesentwurf vor, dass Beteiligungen von unter 10 Prozent noch bis zum Ende des Kalenderjahres aufgestockt werden können. Dann werden rückwirkend im Kalenderjahr durchgeführte Dividendenzahlungen steuerfrei.
Es bleibt aber dabei, dass die Steuerfreiheit auf Veräußerungsgewinne nur dann gewährt wird, wenn die Beteiligung über eine eigene Kapitalgesellschaft des Investors gehalten wird. Beteiligt sich der Investor als natürliche Person, wird die Steuerfreiheit nicht gewährt. Auch will der Gesetzgeber die sog. “Wegelagererbesteuerung” beibehalten, wonach zwar die Veräußerungsgewinne steuerfrei sind, faktisch aber doch 5 % des Gewinns als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben besteuert werden. Es kommt damit zu einer Steuerlast von knapp 1 % des Gewinns.
Der jetzt vorliegende Kompromiss wird wohl kurzfristig vom Bundestag verabschiedet, wahrscheinlich noch in dieser Woche. Damit wäre die lange Unsicherheit für Investoren und letztlich auch für die Gründer, die auf das Kapital angewiesen sind, endlich beseitigt.
Zum Autor
Joachim Breithaupt ist als Rechtsanwalt und Steuerberater Partner im Dezernat für Steuer- und Gesellschaftsrecht der Sozietät Osborne Clarke. Neben der steueroptimierten Unternehmens- und Vermögensnachfolge befasst sich Joachim Breithaupt vor allem mit dem Kauf und Verkauf von Unternehmen sowie der Unternehmensrestrukturierung und Unternehmensgründung unter Berücksichtigung der jeweils geeigneten Rechtsform. Im Bereich Venture Capital berät er sowohl Gründer als auch Business Angels und Venture Capital Gesellschaften bei allen steuerlichen Aspekten der Unternehmensgründung, der Beteiligung und des Verkaufs. Joachim Breithaupt arbeitete zunächst mehrere Jahre für die Deutsche Gruppe der Internationalen Handelskammer als Assistent des Generalsekretärs. Im Jahre 1998 wurde er als Anwalt zugelassen und legte im März 2001 die Steuerberaterprüfung ab. Er ist u.a. Mitherausgeber des im Beck-Verlag erschienen Kompendiums für Gesellschaftsrecht und Autor in zahlreichen weiteren Fachpublikationen. Zusätzlich ist Joachim Breithaupt als Seminarleiter und Dozent in den genannten Rechts- und Steuergebieten für verschiedene Seminarinstitute tätig.
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Joachim Breithaupt (Rechtsanwalt, Steuerberater, Partner)
Osborne Clarke
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