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Anne Degenhardt: Liebe Katja, auf diesem Wege noch einmal herzlichen Glückwunsch zu Deiner Auszeichnung „Business Angel des Jahres 2023“ – auch im Namen des BAND Vorstand und gesamten BAND Teams. Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und meine Fragen beantwortest. Du hast über Dich selbst einmal gesagt: „Ich bin Musical-Darstellerin, Familienunternehmerin und Investorin. Das klingt ungewöhnlich, vielleicht, aber ich bin meinen Träumen nachgegangen und daran ist wahrlich nichts verkehrt, oder?“ Wie beschreibst Du Deine Leidenschaften, vor allem für das Angel Investing?
Katja Ruhnke: Vielen Dank, liebe Anne, für die Glückwünsche. Ich freue mich immer noch sehr. Ich bin tatsächlich stets meinen Träumen gefolgt. Meine Familie war mit dem Thema Start-up Investment noch nicht so vertraut. Wir kommen aus einem mittelständischen Unternehmensumfeld und da war Venture Capital und Risikokapital eher ungewöhnlich. Aber mich hat das Thema gepackt. Angel Investment ist für mich definitiv mehr als jede andere Investmentform, die ich sonst habe, z.B. Aktien oder Immobilien. Angel Investments sind eine riesige Bereicherung für mein Leben. Man bekommt so viel zurück – nicht nur monetär gesehen: Ich lerne, ich treffe wunderbare Menschen und begleite sie bei ihrer Reise. Ähnlich wie beim Kinder großziehen ist es für mich ein tolles Gefühl, wenn unsere Gründerinnen und Gründer Erfolg haben. Es ist ein Geschenk, Angel Investorin sein zu dürfen.
Anne Degenhardt: Was hat Dich dazu bewogen, als Angel Investorin tätig zu sein? Was war der Schlüsselmoment?
Katja Ruhnke: Der Schlüsselmoment war so ein richtiger „Life-Changing Moment“. Ich habe mich immer mit dem Thema Vermögensanlage und Investitionsmöglichkeiten beschäftigt. Ein Freund von mir ist Start-up Gründer und er sagte, ich solle mal zu einem Start-up Event mitkommen und er wolle mir ein paar Leute vorstellen. Und ich saß dann in der Konferenz mit wirklich großen Augen und offenem Mund und habe gedacht: Wenn hier die Welt passiert, wo war ich? Hier wird Zukunft gestaltet und ich bin irgendwo in der 50. Reihe. Dabei will ich doch eigentlich ganz vorne dabei sein. Manchmal habe ich dieses Gefühl von Hilflosigkeit, die uns ja heute oftmals überkommt in Anbetracht der großen Probleme auf der Welt. Aber hier kann man etwas bewirken und die Welt umgestalten. Start-up Gründerinnen und Gründer sind diejenigen, die die Probleme unserer Zeit angehen und diese teilweise schon gelöst haben. Diese Menschen brauchen Kapital und Unterstützung. Das war für mich der besondere Moment, in dem ich das Gefühl hatte, einen Unterschied bewirken zu können.
Anne Degenhardt: Angel Investorinnen und Angel Investoren haben immer zwei Flügel: Kapital und Know-how. Eines der Start-ups, das Dich für die Auszeichnung vorgeschlagen hat, schrieb: „Katja leistet nicht nur finanzielle Mittel und Fachwissen, sondern engagiert sich mit Hingabe für das Wohl des Teams und der Gründer, besonders bei Teammaßnahmen und der Gestaltung eines positiven Klimas im Team zeigt Katja ihre Stärken.“ Wie würdest Du an dieser Stelle Mentoring und Deine Rolle als Sparring-Partner für die Unternehmer und Unternehmerinnen bewerten?
Katja Ruhnke: Ich denke, dass diese Seite des Angel Investings sehr wichtig ist – sonst wären wir nur Investoren, die Kapital geben. Wir sind die, die mit Herzblut dahinterstehen, Sparring-Partner sind, und mithelfen, Wachstum voranzutreiben. Bei jedem Angel Investor ist dieser Teil anders – jeder gibt etwas anderes. Meine Stärken liegen – auch bedingt durch meinen künstlerischen Background – insbesondere auf der menschlichen Komponente, die gerade im Start-up Bereich nicht zu unterschätzen ist. Es ist ein People Business und die Gründer und Gründerinnen stehen unter einem immensen Druck. Es ist nicht leicht, Start-Up-Gründer zu sein: Es ist ziemlich harte Arbeit, sehr viel Schweiß und Tränen sowie Unsicherheiten und Ängste. Und da versuchen meine Schwester Conny und ich eine Schulter zum Anlehnen zu sein. Wir unterstützen, weil wir wissen wie man sich als Unternehmer oder Unternehmerin fühlt. Wir schauen, dass das Klima gut ist und auch mit schwierigen Themen proaktiv umgegangen wird, dass Verbindungen geschaffen werden und emotionale Unterstützung gegeben wird. Das ist speziell meine Rolle. Man muss als Gründerin oder Gründer Menschen finden, die andere Menschen wachsen sehen wollen und daran eine große Freude haben. Ich glaube, dass das etwas ist, was engagierte Angel Investoren ausgezeichnet.
Anne Degenhardt: Wie sieht Euer Portfolio aus? Hast Du mit Deiner Schwester Conny zusammen eine spezielle Strategie oder ein Investitionsschwerpunkt?
Katja Ruhnke: Unser Schwerpunkt liegt im Impact Investing. Wir investieren, um die Welt ein Stück besser zu machen und versuchen, die großen Themen zu adressieren. Im Portfolioaufbau sind wir strategisch unterwegs: Wir haben keinen Branchenfokus, sondern versuchen das Portfolio über sehr viele Branchen, viele Finanzierungs-Stages, und über Ticketgrößen zu steuern, teilweise auch über Ländergrenzen hinweg.
Anne Degenhardt: Was ist das Erste, was Du oder Ihr bei einem Kennenlernen von Kapital suchenden Start-ups herausfinden wollt?
Katja Ruhnke: Für uns ist es wichtig, herauszufinden, ob man mit den Personen vertrauensvoll zusammenarbeiten kann. Es ist praktisch wie eine Ehe, die man eingeht. Wir prüfen das Team und für die technische Überprüfung bündeln wir soviel Kompetenzen wie vorhanden und schauen, ob die Person hinter dem Start-up sympathisch ist und ob wir uns vorstellen können, über eine lange Zeit zusammenzuarbeiten. Wenn man mit Herzblut dahintersteht, dann ist es wichtig, dass man sich grundsätzlich mag und dass Werte übereinstimmen. Ich habe mich als ausgebildete Schauspielerin damit beschäftigt, Menschen zu lesen: Was sagt mir die Person eigentlich, was ist der Subtext darunter? Ich habe das Gefühl, das kann ich bei meiner Arbeit sehr gut anwenden. Sind die Menschen integer, ehrlich und fair?
Anne Degenhardt: Siehst Du als „Business Angel des Jahres 2023“ eine Möglichkeit, die Auszeichnung zu nutzen, um Deine Botschafterinnen-Aktivitäten als weibliche Angel-Investorin noch zu verstärken? Du hast 2021 ein Buch namens „Female Money – Wie Investorinnen, die Start-up-Welt verwandeln“ herausgegeben und damit einen Grundstein gelegt. Was sind Deine Pläne für 2024?
Katja Ruhnke: Seit ich in diese Welt eingetaucht bin, arbeite ich daran, mehr Investorinnen zu motivieren. Ich habe das Buch geschrieben, ich mache sehr viele pro bono Vorträge oder helfe in Akademien, Frauen auszubilden, Investorinnen zu werden. Außerdem hoffe ich, dass die Auszeichnung noch eine weitere Strahlkraft nach außen entwickelt, um zu zeigen, dass Angel Investing auch viel mit der menschlichen Komponente zu tun hat – ich komme zwar aus einer Unternehmerfamilie, aber bin zehn Jahre lang Künstlerin gewesen. Es geht darum, mehr Frauen zu ermutigen und aufzuzeigen, dass man auch als Quereinsteigerin Erfolg haben kann. Man kann auch mit weniger Kapital sehr viel helfen und viele Frauen haben das Problem, zu denken, dass sie zu wenig zu geben haben. Aber auch beim diesjährigen Bits&Pretzels Event konnte man sehen, dass Frauen das Bild prägen: Nicht nur prominente Rednerinnen, sondern auch viele Investorinnen und female Start-ups waren auf der Bühne. Ich hoffe wirklich, dass mein Preis auch anderen Frauen Mut machen wird.
Anne Degenhardt: Was sind Deine Hoffnungen und Wünsche für Female Angel Investing in der Zukunft?
Katja Ruhnke: Ich wünsche mir, dass wir vor allem mehr Angel Investorinnen werden. Das ist wirklich meine Hoffnung. Auch wenn der Weg noch lang ist, Returns und Exits zu sehen, bin ich überzeugt, dass uns der Erfolg Recht geben wird. Schön wäre es, wenn es in Zukunft keine Female Investors Netzwerke mehr geben müsste, sondern nur ein Netzwerk mit Unterstützung für jeden. Die Lage hat sich schon verbessert, es gibt gute Tendenzen – aber wir müssen weiterhin gemeinsam daran arbeiten, mehr weibliche Angel Investorinnen zu motivieren.
Anne Degenhardt: Danke, dass Du uns auch seitens BAND immer wieder unterstützt und vielen lieben Dank, Katja, für Deine Zeit und die Beantwortung meiner Fragen. Wir wünschen Dir alles Gute und bis bald bei der nächsten BANDveranstaltung, auch im Rahmen der Women Angels Mission ’25.