Dr. Michael Tigges ist Seniorpartner der Sozietät TIGGES Rechtsanwälte in Düsseldorf (http://www.tigges-info.de/) und tätig in den Bereichen Unternehmensbeteiligungen, Venture Capital und Aktienrecht.
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Der Business-Angel, der sich mit eingebrachtem Kapital an einer Gesellschaft beteiligt hat, hat ein Interesse daran, die Verwendung des von ihm eingesetzten Kapitals zu kontrollieren; darüber hinaus ist es Ziel des typischen Business-Angels, sein Know-how dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Beide Ziele lassen sich unter anderem auch in der Weise verwirklichen, dass der Business-Angel ein Mandat als Mitglied des Aufsichtsrates in dem betreffenden Unternehmen übernimmt; diese Möglichkeit besteht nicht nur in der Aktiengesellschaft, sondern auch in der GmbH, wenn dort per gesellschaftsvertraglicher Regelung ein Aufsichtsrat eingerichtet wurde.
Bei der Aktiengesellschaft ist der Aufsichtsrat gesetzlich vorgeschriebenes Organ. Dies gilt auch für die sog. „kleine AG“, die sich entgegen dieser gebräuchlichen Bezeichnung nicht durch ihre geringe Größe, sondern vielmehr dadurch auszeichnet, dass sie nicht an einer Börse notiert ist.
Bei einer GmbH ist mit Ausnahme der Fälle, in denen auf Grund mitbestimmungsrechtlicher Vorschriften ein Aufsichtsrat vorgeschrieben ist, die Einrichtung eines Aufsichtsrates fakultativ. Es gibt auch keine gesetzlichen Vorschriften im GmbH-Recht, die sich mit einem Aufsichtsrat befassen. Im Wesentlichen wird für den Fall, dass ein Aufsichtsrat eingerichtet wird, auf die aktienrechtlichen Vorschriften verwiesen. Die Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Vorschriften setzt allerdings voraus, dass der freiwillig eingerichtete Aufsichtsrat diese Bezeichnung auch verdient, denn wegen der völligen Gestaltungsfreiheit ist es durchaus denkbar, dass Gremien mit dem Titel „Aufsichtsrat“ eingerichtet werden, die aber von dem gesetzlichen Leitbild so stark abweichen, dass eine Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften nicht angezeigt ist. Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Vorschriften sind, dass der Aufsichtsrat im Gesellschaftsvertrag vorgesehen und nicht lediglich kraft Gesellschafterbeschlusses eingerichtet wurde. Der Aufsichtsrat muss ferner zuständig sein für die Überwachung der Geschäftsführung. Diese Kompetenz muss tatsächlich der innergesellschaftlichen Rechtslage entsprechen und der Überwachungspflicht des Aufsichtsrates muss die Pflicht der Geschäftsführung entsprechen, sich überwachen zu lassen. Des Weiteren muss der Aufsichtsrat zuständig sein sowohl für die Wahrung der Interessen der Gesellschafter als auch insbesondere der Gesellschaft. Liegen diese Voraussetzungen vor, handelt es sich um einen Aufsichtsrat im Sinne des § 52 Abs. 1 GmbHG, auch wenn das Gremium tatsächlich eine andere Bezeichnung führt.
Der Aufsichtsrat ist nach den aktienrechtlichen Bestimmungen mit mindestens 3 Mitgliedern zu besetzen; die Satzung kann auch eine höhere Mitgliederzahl bestimmen, wobei dann die Anzahl durch 3 teilbar sein muss. Das Aktiengesetz sieht dabei eine zahlenmäßige Begrenzung auf maximal 9 Mitglieder bei einem Grundkapital bis zu EUR 1,5 Mio., auf maximal 15 Mitglieder bei einem Grundkapital von mehr als EUR 1,5 Mio. und maximal 21 Mitglieder bei einem Grundkapital von mehr als EUR 10 Mio. vor.
Mitglieder eines Aufsichtsrates können nur natürliche und unbeschränkt geschäftsfähige Personen sein. Die Anzahl von Aufsichtsratsmandaten in verschiedenen Gesellschaften ist auf insgesamt 10 begrenzt, wobei ein Aufsichtsratsvorsitz doppelt zählt; des Weiteren darf weder der gesetzliche Vertreter eines abhängigen Unternehmens noch der gesetzliche Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft, deren Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft angehört, Mitglied des Aufsichtsrates sein.
Die Satzung kann für die frei wählbaren Mitglieder des Aufsichtsrates (Ausnahme: mitbestimmte Unternehmen) besondere persönliche Anforderungen festlegen, was zum Beispiel bei Tendenzbetrieben der Fall sein kann. Im Übrigen muss ein Aufsichtsratsmitglied nach den Anforderungen der Rechtsprechung „diejenigen Mindestkenntnisse und –fähigkeiten besitzen oder sich aneignen, die es braucht, um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können“. Diese Fähigkeiten sollte ein Business-Angel kraft Natur der Sache mitbringen. Zu berücksichtigen ist aber, dass durch das BilMoG im Mai 2009 noch eine Regelung in § 100 Abs. 5 AktG eingefügt wurde, wonach bei börsennotierten Gesellschaften mindestens ein unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrates über Sachverstand auf den Gebieten der Rechnungslegung oder der Abschlussprüfung verfügen muss.
Der erste Aufsichtsrat wird bei der Gründung der Aktiengesellschaft bestellt; bei der GmbH möglicherweise erst dann, wenn aufgrund einer Satzungsbestimmung ein Aufsichtsrat per Gesellschafterbeschluss konstituiert wird. Später werden die Mitglieder durch die Hauptversammlung bzw. die Gesellschafterversammlung unter Berücksichtigung der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen gewählt. Für einen Business-Angel dürfte von besonderem Interesse sein, dass die Satzung für bestimmte Aktionäre ein Entsendungsrecht vorsehen kann, so dass über ein solche Regelung auch ein Minderheitsgesellschafter sicher sein kann, einen entsprechenden Einfluss über den Aufsichtsrat ausüben zu können.
Ein für den Business-Angel wichtiger Punkt ist die Vergütung. Zunächst ist festzuhalten, dass die Vergütung nur in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag oder durch Hauptversammlungsbeschluss bzw. Gesellschafterbeschluss festgesetzt werden kann. Das bedeutet, dass jede Vergütung, die außerhalb dieses zwingend vorgeschriebenen Verfahrens vereinbart würde, zum Beispiel durch Abrede mit dem Vorstand, vorschriftswidrig und damit unwirksam vereinbart wäre.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen im Aktiengesetz soll die Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen. Ein Orientierungsrahmen dürften dafür übliche Vergütungen an qualifizierte Unternehmensberater sein, wobei allerdings festzustellen ist, dass in der Praxis die Aufsichtsratsvergütung leider noch allzu häufig im reziproken Verhältnis zur steigenden Professionalisierung dieses Aufsichtsgremiums steht.
Die Vergütung, die für den Vorsitzenden des Aufsichtsrates üblicher und angemessener Weise höher festgesetzt wird, kann in einer festen Jahresvergütung oder in festen Sitzungspauschalen bestehen. Darüber hinaus ist eine variable Vergütung (z.B. dividendenabhängig) nicht nur möglich, sondern vom deutschen Corporate Governance Codex mit Orientierung am langfristigen Unternehmenserfolg sogar empfohlen. Kosten und Auslagen werden üblicherweise pauschal oder gegen Nachweis erstattet; in jedem Fall sollte aber für die Mitglieder eines Aufsichtsrates, der den aktienrechtlichen Vorschriften unterliegt, eine D&O-Versicherung abgeschlossen werden. Da die Zahlung der Prämie für eine solche Versicherung teilweise als Vergütungsbestandteil angesehen wird, sollte dies ebenfalls in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag festgehalten sein bzw. auch Gegenstand des entsprechenden Vergütungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung bzw. der Hauptversammlung sein.
Gerade bei kleineren Aufsichtsratsgesellschaften ergibt es sich in der Praxis immer noch häufig, dass ein Mitglied des Aufsichtsrates zugleich auch in beratender Funktion gegen entsprechende Vergütung für die Gesellschaft tätig wird. Dabei kann sich eine böse Haftungsfalle ergeben, wenn die dazu bestehenden Vorschriften des Aktiengesetzes nicht berücksichtigt werden: Zum einen bedarf es einer klaren, durch schriftliche Vereinbarung fixierte Abgrenzung der beratenden Tätigkeit zu der Tätigkeit als Aufsichtsrat durch eine detaillierte Festlegung der Leistungspflichten im Rahmen des Beratungsverhältnisses. Zum anderen ist es zwingend erforderlich, dass der Aufsichtsrat der Vereinbarung einer Vergütung für zusätzliche beratende Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds per Beschluss zustimmt. Eine ohne diese erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrates gezahlte Vergütung ist der Gesellschaft zurückzugewähren!
Die Hauptaufgabe des Aufsichtsrates besteht darin, die Geschäftsführung zu überwachen. Neben dieser Überwachung hat der Aufsichtsrat in begrenztem Umfang die Möglichkeit einer Einwirkung auf den Vorstand. Schließlich hat der Aufsichtsrat auch die Möglichkeit, Sanktionen gegenüber dem Vorstand zu ergreifen.
Grundlage der Überwachung durch den Aufsichtsrat ist die Information. Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat daher regelmäßig zu berichten und zwar über die beabsichtigte Geschäftspolitik und grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung, die Rentabilität der Gesellschaft, den Gang der Geschäfte und solche Geschäfte, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können.
Diese Information erhält der Aufsichtsrat durch die sog. „Regelberichte“. Daneben gibt es die sog. „Anforderungsberichte“, die der Aufsichtsrat vom Vorstand bzw. der Geschäftsführung jederzeit über Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen kann, die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluss sein können. Empfänger dieser Berichte ist grundsätzlich der Aufsichtsratsvorsitzende, der diese dann an die Aufsichtsratskollegen weiterleitet.
Über die genannten Informationsrechte hinaus hat der Aufsichtsrat auch ein umfassendes Auskunfts- und Einsichtsrecht hinsichtlich sämtlicher Unterlagen der Gesellschaft. Unter Umständen kann der Aufsichtsrat mit der Prüfung auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen.
Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung im Hinblick auf ihre Ordnungsmäßigkeit, Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu überwachen. In Krisensi-tuationen muss die Überwachungstätigkeit selbstverständlich intensiviert werden.
Die Möglichkeiten der Einwirkung auf den Vorstand beschränken sich auf die Besetzung des Vorstandes, den Erlass und die Änderung einer Geschäftsordnung, die Bestimmung einer Zustimmungspflicht für bestimmte Geschäfte und nur in besonderen Ausnahmefällen auf eine Weisung zu einem bestimmten Handeln. Eine Einwirkung auf das operative Geschäft ist dem Aufsichtsrat grundsätzlich nicht gestattet.
Mögliche Sanktionen gegen den Vorstand bestehen in der Abberufung aus wichtigem Grund, wobei dies sicherlich nur ultima ratio sein kann. Ggf. kann der Aufsichtsrat als Organ auch eine Klage gegen den Vorstand erheben. Insbesondere ist der Aufsichtsrat der AG verpflichtet, mögliche Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Vorstand zu prüfen und ggf. auch durchzusetzen.
Neben der Überwachung ist der Aufsichtsrat aber auch zur Beratung des Vorstandes verpflichtet. Aus diesem Grunde kann sich eine Konkurrenz zu möglicherweise neben der Aufsichtsratstätigkeit bestehenden Beratungsverträgen ergeben (s. zu dieser Problematik schon oben). Die Beratung wird in der Regel dadurch realisiert, dass der Aufsichtsrat aktiv an den Überlegungen der Unternehmensführung zur zukünftigen Geschäftspolitik teilnimmt. Konsequenterweise schreibt der deutsche Corporate Governance Kodex auch vor, dass die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit dem Aufsichtsrat abzustimmen ist.
Es versteht sich von selbst, dass die Aufsichtsratsmitglieder zur Verschwiegenheit über die Angelegenheiten der Gesellschaft verpflichtet sind. Daraus resultiert auch die Verpflichtung zur Aufbewahrung aller Berichte und Unterlagen so, dass sie dem Zugriff Dritter entzogen sind.
Der Aufsichtsrat haftet gegenüber der Gesellschaft mit der auch für den Vorstand geltenden Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, wobei diese Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit des Aufsichtsrates funktional begrenzt ist auf seine Überwachungstätigkeit. Ein erhöhter Haftungsmaßstab ergibt sich bei der Zustimmung zu zustimmungspflichtigen Geschäften sowie bei der Mitwirkung an Gewinnausschüttungs- und Bilanzentscheidungen. Grundsätzlich ist aber die Verantwortlichkeit begrenzt auf eine Plausibilitätsprüfung. Wie eingangs schon erwähnt, besteht die Haftung grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft; folgerichtig sind entsprechend Schadensersatzansprüche auch durch den Vorstand der Gesellschaft geltend zu machen. Im Falle der Insolvenz werden die Ansprüche durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht. Eine Haftung gegenüber Dritten besteht grundsätzlich nur aus deliktischen Ansprüchen, d.h. im Falle einer sittenwidrigen Schädigung der Gesellschaft oder einer Verletzung von Strafvorschriften.