Grafik: Unternehmen, die Venture Capital erhalten haben, nach Bundesländern (links) und Zahl der Finanzierungsrunden nebst Gesamtvolumen (rechts). Grafiken entnommen aus EY Start-up-Barometer Deutschland – August 2016 (PDF), S. 2 und 3.
Es klingt paradox, stimmt aber. Der Gesamtwert der Risikokapitalinvestitionen in Deutschland ist im 1. Halbjahr 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von knapp 2 Mrd. Euro auf 957 Mio. Euro um über die Hälfte eingebrochen. Berlin hat seine europäische Spitzenposition verloren und steht jetzt nach London, Stockholm und Paris an vierter Stelle. Grund sind Einmaleffekte, ausgelöst u.a. durch Investitionen rund um Rocket Internet im letzten Jahr.
Lässt man diese beiseite, gelangt man zu einer Finanzierungssumme im 1. Hj. 2015 von lediglich 787,3 Mio. Euro und dann ist die Bilanz des VC Marktes positiv. Die Zahl der Finanzierungsrunden ist deutlich nach oben gegangen: Sie stieg um 60 Prozent auf 249, wie das halbjährliche EY Start-up Barometer vermeldet, Europaweit fielen die Veränderungen weniger deutlich aus: Der Gesamtwert der Risikokapitalinvestitionen fiel um lediglich vier Prozent von 6,7 Mrd. Euro auf 6,4 Mrd. Euro. Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg dagegen um 40 Prozent auf 1.113.
Im europäischen Ländervergleich ist Deutschland beim Investitionsvolumen auf den dritten Platz zurückgefallen – Großbritannien mit einem Volumen von 2,2 Mrd. Euro und Schweden mit 1,0 Mrd. Euro haben sich auf die Plätze eins und zwei geschoben, wobei in Schweden vor allem die 900-Mio.-Euro-Finanzierung von Spotify zu Buche schlägt.
Das meiste Geld in Deutschland floss im ersten Halbjahr in FinTech-Unternehmen. Insgesamt kamen die Start-ups aus diesem Bereich auf 229 Mio, Euro. Das bedeutet zwar einen leichten Rückgang gegenüber den 252 Mio. Euro im Vorjahr; allerdings überholen die FinTechs damit die Jungunternehmen aus dem E-Commerce. Deren Investitionsvolumen ist – insbesondere aufgrund des Wegfalls der Großinvestitionen aus dem Rocket-Internet-Umfeld – von 1,4 Mrd. Euro auf 144 Mio. Euro gefallen.
Spitzenreiter blieb der E-Commerce-Sektor aber bei den Finanzierungsrunden: Mit 61 Runden im ersten Halbjahr 2016 lag er noch vor Software- und Analyseunternehmen (45 Runden) und den FinTechs (25 Runden). Trotzdem ist nach Auffassung von BAND zu vermuten, dass der E-Commerce Bereich seinen Zenit überschritten.
Unter den Bundesländern konnte sich Berlin trotz Rückgangs des Investitionsvolumens auf 520 Mio. Euro mit weitem Abstand an der Spitze behaupten. In den meisten anderen Bundesländern stieg das Volumen zwar – aber auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Bayern folgt mit 194 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2015: 153 Mio. Euro) auf Platz zwei vor Nordrhein-Westfalen mit 70 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2015: 59 Mio. Euro). Hamburg, im Vorjahr mit einem Volumen von 220 Mio. Euro noch auf dem zweiten Platz, landet mit 52 Mio. Euro nur noch auf dem vierten Platz.
„Die Ökosysteme für Start-ups haben sich überall in Deutschland weiterentwickelt“, sagt der Leiter der Ernst & Young Start-up Initiative Peter Lennartz. Das Erfreuliche sei, dass andere Start-up-Standorte in Deutschland nachziehen – neben den bereits starken Szenen in München und Hamburg sei insbesondere Nordrhein-Westfalen dabei aufzuholen.
Quelle: http://www.ey.com/DE/de/Newsroom/News-releases/EY-20160816-Deutsche-Start-ups-Mehr-Finanzierungen-aber-weniger-Geld