Bayerische Finanzverwaltung strebt Steuern auf „Wertzuwachs“ bei Wandlung an
BAND schreibt an Aigner und Söder
In einem Schreiben an die bayerischen Minister Aigner und Söder hat der BAND-Vorstand um Überprüfung der neuen Haltung der bayerischen Finanzverwaltung, insbesondere des Finanzamtes München, zur Besteuerung von Wandeldarlehen gebeten. Bleibe es bei dem Kurswechsel der Bayern oder setze sich deren neue Auffassung gar bundesweit durch, dann drohe das Aus für das beliebte Wandeldarlehen als Finanzierungsform von Start-ups durch Business Angels.
„Entgegen der bisher allgemein in Deutschland geltenden steuerrechtlichen Auffassung sieht das Finanzamt München in der Wandlung eines Wandeldarlehens einen steuerlich relevanten Vorgang,“ heißt es in dem Schreiben, dem eine Beispielsrechnung angefügt ist. Daraus folge, dass im Falle der Wandlung des Darlehens in Eigenkapital ca. 30 Prozent Steuern auf den sog. Wertzuwachs erhoben werden, obwohl dem bisherigen Darlehensgeber und neuen Anteilsinhaber keinerlei Mittel zuflössen und der Buchwert dieser Anteile im weiteren Zeitverlauf bis zum Exit auch wieder sinken könne.
Diese neue steuerliche Bewertung des Wandeldarlehens soll immer dann gelten, wenn der Angel neben dem Wandeldarlehen schon Anteile gemäß § 17 EStG besitzt (also Anteilsbesitz >= 1 Prozent) oder eine GmbH/UG das Wandeldarlehen gibt. Demnach würde im Regelfall eines Wandeldarlehens die Besteuerung zur Anwendung kommen. Die Begründung für diesen Kurswechsel, es liege im Falle der Wandlung eine Art Tausch vor, hält BAND für lebensfremd und konstruiert.
Wandeldarlehen (convertible notes) haben sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Finanzierungsinstrument von Start-ups, nicht nur durch Business Angels, entwickelt. Der High-Tech Gründerfonds nutzt dieses Instrument sogar als Standard. Gründe sind der Zeitfaktor und die relativ geringe Komplexität gegenüber der unmittelbaren Beteiligungsfinanzierung sowie, dass die Bewertung des Unternehmens hinausgeschoben werden kann, bis sie elegant mit der nächsten Finanzierungsrunde verknüpft wird. Besonders häufig kommt das Wandeldarlehen zur Anwendung als Brückenfinanzierung, wenn die nächste Finanzierungsrunde nicht schnell genug durchgeführt werden kann und das Unternehmen Gefahr läuft, ohne diese „Brücke“ in einen Liquiditätsengpass zu laufen.
Wegen der großen Bedeutung von Wandeldarlehen hat das Bundeswirtschaftsministerium bei der Neufassung der Richtlinien zum INVEST Zuschuss ab 01.01.2017 Wandeldarlehen ab Wandlung zuschussfähig für den zwanzigprozentigen „INVEST Erwerbszuschuss“ gemacht. BAND hat gemeinsam mit dem Bundesverband Deutsche Startups eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die einen Standardtext für Wandeldarlehen erarbeitet, um die Arbeit mit dieser Finanzierungsform noch unkomplizierter zu machen und der Bedeutung des Wandeldarlehens für die Start-up-Finanzierung gerecht zu werden.
Sollte sich die Auffassung der bayerischen Finanzverwaltung, der dem Vernehmen nach auch Hessen folgt, bundesweit durchsetzen, werde dies nach Auffassung von BAND wieder einmal zu Nachteilen Deutschlands im europäischen und weltweiten Vergleich führen.
Anlage: Rechenbeispiel Wandeldarlehen