Die Befürchtungen, dass das Bayerische Finanzministerium eine Initiative gestartet hat, um künftig die Wandlung von Wandeldarlehen als steuerbaren Vorgang zu behandeln, scheinen sich zu bestätigen. Mit Datum vom 06.11.2017 hat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen auf eine Anfrage von Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND) vom 25.07.2017 wie folgt reagiert:
„[Z]u Ihrem Schreiben vom 25.07.2017 kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Die Frage, ob die Wandlung eines Wandeldarlehens (bzw. einer Wandelschuldverschreibung) aus ertragsteuerlicher Sicht einen tauschähnlichen Vorgang darstellt und damit zu einer Gewinn- oder Verlustrealisierung führen kann, ist von allgemeiner Bedeutung und nicht nur auf Start-ups beschränkt. Gleichwohl ist aus Ihrem Schreiben deutlich geworden, dass Wandeldarlehen zu einem wichtigen Finanzierungsinstrument von Start-ups geworden sind. Da es zu der steuerlichen Frage unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt, bedarf es für die Finanzverwaltung einer bundeseinheitlichen Klärung. Zu diesem Zweck werden die zuständigen Gremien der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder die Thematik erörtern. Ein entsprechendes Erörterungsverfahren ist bereits eingeleitet. Über das Ergebnis der Erörterung werden Sie selbstverständlich informiert.“
Daraus ist zu schließen, dass die bayerische Finanzverwaltung von der bisherigen steuerlichen Bewertung der Wandeldarlehen abweichen will und nun auf eine bundeseinheitliche Akzeptanz dieser Linie hinarbeitet. Die Besteuerung der Wandlung würde sich erheblich negativ auf die Finanzierung von Start-ups durch Business Angels auswirken und wahrscheinlich das Ende des Wandeldarlehens als Finanzierungsart für Start-ups zur Folge haben. Im Falle der Wandlung des Wandeldarlehens in Eigenkapital würden nämlich ca. 30 Prozent Steuern auf den sog. Wertzuwachs erhoben werden, obwohl dem bisherigen Darlehensgeber und neuen Anteilsinhaber keinerlei Mittel zufließen und der Buchwert dieser Anteile im weiteren Zeitverlauf bis zum Exit auch wieder sinken kann. Wie dem Schreiben des Bayerischen Finanzministeriums zu entnehmen ist, sind mit der geplanten Änderung der steuerlichen Betrachtungsweise eigentlich andere Tatbestände gemeint. Die Auswirkung auf die Start-up Finanzierung scheint als Kollateralschaden hingenommen zu werden.
„Wandeldarlehen (convertible notes) haben sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Finanzierungsinstrument von Start-ups, nicht nur durch Business Angels, entwickelt,“ sagt BAND Vorstand Roland Kirchhof. Gründe seien der Zeitfaktor und die relativ geringe Komplexität gegenüber der unmittelbaren Beteiligungsfinanzierung sowie, dass die Bewertung des Unternehmens hinausgeschoben werden könne, bis sie elegant mit der nächsten Finanzierungsrunde verknüpft werde. Besonders häufig komme das Wandeldarlehen zur Anwendung als Brückenfinanzierung, wenn die nächste Finanzierungsrunde nicht schnell genug durchgeführt werden könne und das Unternehmen Gefahr laufe, ohne diese „Brücke“ in einen Liquiditätsengpass zu kommen.
Wegen der großen Bedeutung von Wandeldarlehen hat das Bundeswirtschaftsministerium bei der Neufassung der Richtlinien zum INVEST Zuschuss ab 01.01.2017 Wandeldarlehen ab Wandlung zuschussfähig für den zwanzigprozentigen „INVEST Erwerbszuschuss“ gemacht. BAND hat gemeinsam mit dem Bundesverband Deutsche Startups eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die einen Standardtext für Wandeldarlehen erarbeitet, um die Arbeit mit dieser Finanzierungsform noch unkomplizierter zu machen und der Bedeutung des Wandeldarlehens für die Start-up-Finanzierung gerecht zu werden.
BAND wird sich bei der künftigen Bundesregierung und den Landesregierungen entschieden dafür einsetzen, dass Wandeldarlehen als Finanzierungsform keiner „neuen Steuer“ unterworfen werden.