Geschäftslage und Exitbilanz haben sich verschlechtert – wenig neue Deals
Engel geben sich zugeknöpft
Nicht einmal jeder fünfte private Wagnisfinanzierer (17 %) ging im ersten Quartal eine neue Beteiligung ein. So passiv waren die Investoren zuletzt vor über vier Jahren. Das ist ein Er-gebnis der jüngsten Ausgabe des quartalsweise durchgeführten Business Angels Panels.
Die Stimmung unter den privaten Gründungsförderern in Deutschland war schon mal besser. Im ersten Quartal 2008 bewerteten die 24 Teilnehmer des Business Angels Panels ihre Ge-schäftslage auf einer Skala von 1 (=sehr schlecht) bis 7 (=sehr gut) mit durchschnittlich 4,58 Punkten. So niedrig war der Wert zuletzt vor zweieinhalb Jahren. Auch der Blick in die Zukunft fällt eher verhalten aus. Die eigentlich von Berufs wegen optimistischen Finanzierer vergaben hier nur 4,65 Punkte. In der insgesamt fünfjährigen Geschichte des Panels wurde dieser Wert nur dreimal unterboten.
Unternehmensgründer waren unterdessen fleißig. Sie schrieben wieder mehr Business¬pläne. Jeder private Kapitalgeber erhielt durchschnittlich gut zwölf der ausformulierten Geschäfts-konzepte. Mehr waren es zuletzt im 3. Quartal 2006. „Aufgeschreckt durch die prominenten Berichte über die anhaltende Kreditkrise und den negativen Geschäfts¬entwicklungen bei den Privatbanken und staatlichen Förderbanken scheinen sich die zukünftigen Unternehmer langsam wieder mehr in Richtung Eigenkapitalfinanzierung zu orien¬tieren“, kommentiert Prof. Dietmar Grichnik, Mitorganisator des Business Angels Panels und Leiter des Lehrstuhls für Unternehmertum und Existenzgründung an der wissenschaftlichen Hochschule für Unter-nehmensführung (WHU) in Koblenz.
Die adressierten Finanzierer haben eigentlich noch genügend Geld in petto, um die Realisie-rung der einen oder anderen Ideen zu finanzieren. Passend zu ihrer zuletzt gezeigten Inves-titionszurückhaltung haben sie nämlich erst knapp 56 % ihrer insgesamt für Angel-Investments vorgesehenen Mittel investiert. Ähnlich viele freie Kapazitäten gab es während des gesamten Vorjahres nicht. So ist es zunächst erstaunlich, dass die durchschnittlich pro Engel investierte Summe von gut 88 000 € auf 100 000 € gestiegen ist. Das ist mehr als doppelt so viel wie vor Jahresfrist und etwas mehr als das langjährige Mittel (96 000 €). Eine genauere Analyse klärt den vermeintlichen Widerspruch auf: Ein einzelner Engel hat satte 300 000 € aus der Hand gegeben und damit die Statistik verzerrt.
Auf der Habenseite verbuchen die Umfrageteilnehmer durchschnittlich 4,73 Beteili¬gungen – genau so viel wie im 1. Quartal 2007. Bei der Mehrzahl (64 %) handelt es sich um Minder-heitsbeteiligungen von unter 10 %. In keinem Fall ist der Engel Mehrheitseigner.
Die Exitbilanz ist so schlecht wie seit zweieinhalb Jahren nicht. Die Umfrage¬teilnehmer konn-ten sich nur von vier Beteiligungen trennen. Schlimmer noch: In einem Fall geschah dies im Rahmen einer Liquidation. Erfreuliche Exits gab es dem¬entsprechend nur drei: Zweimal kauf-ten die Gründer ihre Anteile zurück („Buy-Back“), einmal konnte ein strategischer Investor überzeugt werden („Trade Sale“).
Besonders beliebt sind bei den himmlischen Kapitalgebern nach wie vor Unternehmen aus der Medizin- und Umwelttechnik. Diese Top-Duo ist damit zum dritten Mal in Folge unverän-dert. Auf Platz drei stehen Vertreter der Energiebranche. Erstmals seit über einem Jahr nicht mehr im Siegerquintett vertreten sind Dot.coms. Kaum Chancen auf privates Beteiligungska-pital haben die Anbieter von EDV-Hardware, Finanzdienstleister und Logistiker.
Gründer bekämen leichter himmlische Unterstützung, wenn es mehr Business Angels gäbe. Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass es in Deutschland aktuell nur rund 5000 Exemplare dieser seltenen Spezies gibt. In Großbritannien ist die Zahl etwa vier mal so hoch. Woran liegt das? Viele Panel-Teilnehmer (30 %) verweisen auf die suboptimalen politischen Rahmenbedingungen. Außerdem versprächen andere Investitionen mit ähnlichem Risiko höhere Renditen – nicht zuletzt wegen des deutschen Steuerrechts. Dieser Meinung waren 21 % der Befragten. Ebenso viele glauben, dass es vermögenden Privatpersonen schlicht an der Motivation fehle, sich auf neue unternehmerische Abenteuer einzulassen.
Befragt nach möglichen Ursachen der geringen Gründerzahlen in Deutschland verwiesen die meisten Befragten (23 %) erneut auf die politischen und steuerrechtlichen Rahmenbedin-gungen. Fast ebenso schlecht sei es allerdings um die Anzahl geeigneter Unternehmertypen bestellt. 21 % der Panel-Teilnehmer haben hier einen eklatanten Mangel ausgemacht. Häufig genannt wurde außerdem das schlechte Unternehmer-Image (19 %).
Gut positioniert ist der deutsche Gründermarkt hingegen bei der öffentlichen Förderung. Hier sehen nur 1 % der Engel ein Manko. Auch an Ideen mangele es im Land der Dichter und Denker nicht. Nicht mal jeder zehnte Befragte (7 %) vermisst marktfähige Geistesblitze.