10. Januar 2018

Risikominimierung durch Verwässerungsschutz


Business Angels und VC-Investoren, die in der frühen Phase investieren, kennen das Problem: sie laufen Gefahr, dass Ihre Anteile in weiteren Finanzierungsrunden verwässern. Dies gilt für Down Rounds, wenn neue Investoren Anteile zu einer niedrigeren Bewertung erwerben als etwa die Seed-Investoren. Um diesem Risiko vorzubeugen, ist es ratsam, dies bereits bei der Gestaltung des Beteiligungsvertrags im Blick zu haben und durch klare Regelungen möglichst zu vermeiden.

Solche Regelungen zum Verwässerungsschutz haben zum Ziel, dass frühe Investoren nicht allein das Risiko eines Wertverlustes ihrer Anteile tragen und bieten Schutz vor zu optimistischen Bewertungen in der frühen Phase oder unvorhergesehen Problemen in der Geschäftsentwicklung.

Einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Arten des Verwässerungsschutzes bietet die Masterthesis von Rainer Gärtlein, die in Gänze im Best Practice Koffer veröffentlicht ist. Rainer Gärtlein ist tätig beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle im Rahmen von INVEST – Zuschuss für Wagniskapital. Er kennt somit Beteiligungsverträge und ihre Komplexität aus seiner beruflichen Praxis und wurde dadurch motiviert, sich einen Teilbereich dieser Verträge, den Verwässerungsschutz, genauer in dieser wissenschaftlichen Arbeit anzusehen.

Der Kernteil der Thesis betrachtet den Verwässerungsschutz allgemein sowie aus rechtlicher und aus praktischer Sicht. Interessant und für die Praxis nutzbar sind hier insbesondere Formulierungsvorschläge etwa zur kompensierenden Kapitalerhöhung (S. 28) oder Berechnungsformeln zu Full-Ratchet (vollständiger Ausgleich zugunsten des Investors, S. 32) und Weighted-Average (gemittelter Ausgleich, gewichtet nach Finanzierungsvolumen, S.34) Verwässerungsschutz.

Vergleich Deutschland – USA

Im Praxisteil dann vergleicht der Autor die Situation und Nutzung der Anti-Dilution in Deutschland und den USA. Für Deutschland (S. 41f.) stellt Gärtlein fest, dass die Verwendung von Verwässerungsschutz-Vereinbarungen nur schwer zu quantifizieren sei. Verschiedenen Studien zufolge liege ihr Anteil demnach zwischen 25 und 60 Prozent der Venture-Capital-Verträge. Geht es um das Verhältnis zwischen Full-Ratchet und Weighted-Average Lösungen, so geben die Zahlen ebenfalls ein uneinheitliches Bild ab. Gärtlein sieht aber einen Trend zur vermehrten Verwendung von Weighted-Average, wenngleich Full-Ratchet weiterhin in signifikantem Umfang genutzt werde (zwischen 39 und 60 Prozent).

Anders stellt sich die Situation in den USA dar (S. 42f.): über verschiedene Studien hinweg liege der Anteil von Verträgen mit Verwässerungsschutz bei über 95 Prozent. Klarer Favorit der amerikanischen Investoren ist die Weighted-Average-Berechnung: nach einem kurzen Trend der Full-Ratchet-Methode (21 Prozent Anteil) nach dem Platzen der Dot-com-Blase, findet seitdem die Weighted-Average-Methode in mehr als 90 Prozent der Verträge Verwendung.

Die hohe vergleichsweise hohe Verwendung der Full-Ratchet-Methode in Deutschland erklärt der Autor mit der eher „konservativen[n] und risikoscheuen[n] Grundhaltung“ (S. 43).

Handlungsempfehlungen

Als Fazit rät Gärtlein Investoren dazu, bei der Durchsetzung von Verwässerungsschutz sensibel zu agieren, die Regelung zeitlich zu begrenzen und im Beteiligungsvertrag transparent, am besten mit Berechnungsbeispielen, darzulegen. Somit könne dem Risiko vorgebeugt werden, dass der Gründer sich im Fall der Durchsetzung des Verwässerungsschutzes übervorteilt fühle. Die Weighted-Average-Methode sei in der Regel vorzuziehen, deren Umfang sich nach den indivudellen Umständen in Unternehmen richte. Full-Ratchet dagegen sei im Einzelfall angebracht, etwa wenn der Gründer in der Seed-Phase eine aggressive Unternehmensbewertung vornehme (S. 47ff.).

Die gesamte Thesis können sie im Best Practice Koffer unter Beteiligungsverträge herunterladen:

https://www.business-angels.de/marktinformationen/best-practice-koffer/