18. September 2018

Kundenfeedback statt „heiße Luft“


Der bei BAND akkreditierte Business Angel Martin Giese hat kürzlich in einem Interview mit Munich Startup von seinen Erfahrungen als Start-up-Investor berichtet. Seit einem Jahr ist Martin Giese selbständiger Negotiation Coach und Berater, zuvor war er lange in der Telekommunikationsbranche tätig. Seine ersten Erfahrungen als Business Angel hat er indes schon 2003 gemacht, als er in das Start-up Primo Espresso investierte, das er während seiner Lehrtätigkeit am Center for Digital Technology and Management (CDTM) in München kennengelernt hat.

Wie sein Alltag als Business Angel momentan aussieht, schildert Martin Giese im Gespräch wie folgt:

Kein Tag gleicht dem anderen. Etwa die Hälfte meiner Zeit bin ich in konkreten Projekten oder Lehraufträgen tätig, so koordiniere ich gerade die Vorbereitungen für den Börsengang eines deutschen Mittelständlers und leite eine Serie von Verhandlungsworkshops in Berlin, Wien, Zürich, Frankfurt und München für die Startups im europäischen Climate-KIC Programm.

Den Rest der Woche verbringe ich nach Bedarf mit meinen Investments und gönne mir viel Zeit zum Erforschen der Startup-Szene als Teilnehmer, Speaker, Juror, Moderator, potentieller Investor oder Mentor/Coach in unterschiedlichsten Konstellationen. Dabei sehe ich inzwischen jeden Monat ca. 50-100 Pitches frischer Startups.

Bei seiner Arbeit mit Start-ups und der Bewertung von Geschäftsmodellen in der frühen Phase legt Martin Giese den Fokus auf mehrere Punkte:

• Ich muss das Produkt und den Mehrwert für den Kunden verstehen und das Team muss belegen können, dass dieser Punkt durch viele Gespräche mit potentiellen Kunden validiert wurde.

• Ich muss verstehen, wie man damit irgendwann Geld verdienen kann. Das ist im Kern die Frage, ob mittelfristig eine Einheit des Produkts deutlich unter einem realistischen Preispunkt erstellt und auch vertrieben werden kann.

• Das Team muss kompetent und sympathisch sein — schließlich werden wir einige Jahre „in guten und auch schlechten Zeiten“ miteinander verbringen. Eine wichtige Dimension davon ist, wie das Team mit Feedback umgeht.

• Ein großer Pluspunkt ist es zudem, wenn ich ein klares Bild im Kopf habe, wie ich mich über mein Kapital hinaus nützlich einbringen kann.

Als absolutes No-Go dagegen bezeichnet der Angel Investor „heiße Luft“, sei es in Bezug auf die mangelnde Validierung durch Kundenfeedback oder unrealistische Bewertungen. Eine Absage an ein Start-up sei aber niemals persönlich zu nehmen, da Giese in weniger als 1 von 100 Start-ups, die er kennenlernt, investiert.

Was die politischen Rahmenbedingungen für Unternehmertum in Deutschland anbelangt, lobt der Investor sowohl den INVEST-Zuschuss für Business Angels als auch das EXIST-Programm, mahnt im selben Atemzug aber Herausforderungen wie Digitalisierung der Schulen und der Verwaltung sowie die Förderung einer positiven Unternehmerkultur an.

Komplettes Interview: https://www.munich-startup.de/40144/martin-giese-interview/