Thomas Schmidt ist Business Angel des Jahres 2022 und wurde im Rahmen des Business Angels Tages in Leipzig mit der „Goldenen Nase“ ausgezeichnet. Trotz seines übervollen Terminkalenders hat sich der „frisch gebackene“ Business Angel des Jahres die Zeit für ein Gespräch genommen. Bereits im Vorfeld und mit dem Fokus auf den Business Angels Tag stand Thomas Schmidt für ein Interview gemeinsam mit dem Leipziger Angel Bernd Schumacher bereit. Viele Aspekte zum Werdegang von Thomas Schmidt und zu seiner Heimat Leipzig wurden in diesem Gespräch bereits behandelt und sind unter den Verlinkungen zu finden.
Lieber Thomas, danke für Deine Zeit! Du hattest angedeutet, dass gerade sehr viel los ist bei Dir. Liegt das (auch) an Deiner Auszeichnung? Wie ist der aktuelle Stand bei Dir?
Ja, in der Tat. Am Ende eines Jahres ist ohnehin immer viel los, da viele von uns vor dem Weihnachtsurlaub noch all das bis jetzt Liegengebliebene abarbeiten wollen. Das klappt aber leider nie, da zu dieser Zeit dann der sogenannte Inbound und damit die Herausforderung, genau dieses Ziel zu erreichen, immer größer wird. Aber das ist nicht neu für mich und in meiner Tätigkeit als CEO habe ich mit diesem Phänomen nahezu jedes Jahr zu kämpfen gehabt und kann daher ganz gut damit umgehen.
Natürlich freue ich mich riesig über die Auszeichnung als Business Angel des Jahres 2022, die ich am 27.11. in Leipzig entgegennehmen durfte. Das hat die Sichtbarkeit für mich und meine Aktivitäten als Business Angel und Investor noch einmal gewaltig gesteigert. Dadurch sind aber auch die täglich eingehenden Anfragen in wirklich sehr kurzer Zeit auf ein Maß hochgeschnellt, das ich so nicht vorhersehen konnte und zeitlich derzeit kaum noch bewältigen kann. Daher bleibt bedauerlicherweise gerade eine Menge liegen und ich muss stark priorisieren. Aber das neue Jahr 2023 ist ja nur noch ein paar Wochen weg und nach einer kurzen, aber für mich wichtigen Auszeit, um die eigenen Batterien wieder aufzuladen, geht es dann mit vollem Schwung Mitte Januar wieder weiter.
Wie äußert sich das konkret? Durch ein übervolles Postfach? Zahllose Presseanfragen? Oder wirst Du von Start-ups „belagert“?
Ganz genau. Die Inbox quillt gerade über, LinkedIn Kontaktanfragen sind massiv in die Höhe geschnellt und lassen eine qualitative Überprüfung kaum noch zu, Anfragen zu StartUp Pitch-Decks und Meinungen, Reviews und sogar (sehr) kurzfristige Investment Wünsche kommen in einer deutlich gesteigerten Menge herein. Die Abarbeitung dauert dann eben…
Dabei hatte ich eigentlich auch zuvor kaum Schwierigkeiten, für mich genügend qualitativ hochwertige Kontakte, die oft auch eine vorhergehende persönliche Komponente beinhaltet haben, oder auch genug Invest-Opportunities bzw. entsprechenden Deal-Flow zu generieren.
Was mich an der neuen Situation allerdings ärgert, ist, dass einige Startups sich oft keine Mühe machen, den angesprochenen Business Angel bzw. Investor vorher auch nur ansatzweise zu recherchieren, um herauszufinden, wo dessen Expertise oder auch seine Investment Schwerpunkte liegen und ob dieser überhaupt zu dem jeweiligen Startup oder der Business Idee passen könnte. Manche Startups versenden massenhaft Anfragen, oft sogar mit Pitch-Decks im Stil eines Serien-Schreibens und erwarten dann tatsächlich, dass man sich die Zeit nimmt, all dies sichtet und dann sogar noch qualitatives Feedback gibt. Das ist kein guter Stil und dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn man keine Rückantwort oder entsprechend gewünschtes Feedback bekommt, auch nicht nach der x-ten (automatisierten, unpersönlichen) Erinnerung.
Naja, und natürlich gibt es darüber hinaus auch noch einige Presse- und Medienanfragen für Interviews, Einladungen zu Netzwerkveranstaltungen und sogar zu TV Talks, die bestmöglich koordiniert und abgearbeitet werden wollen.
Vielleicht mal zu Deinem Titel: Wie ordnest Du den ein? Ist das eher willkommene Aufmerksamkeit für be-exponential oder aktuell doch etwas zu viel des Guten und empfindest Du vielleicht auch ein Stückweit gesteigerte „Verantwortung“ durch die Auszeichnung?
Dass damit die Aufmerksamkeit steigt, war mir klar und ist auch schön und Anerkennung zugleich (macht eben stolz). Und dass dies kurzfristig vielleicht ein wenig viel ist – gerade in der Vorweihnachtszeit und mit dem typischerweise anstehenden Jahresend-Urlaub – ist auch ok und sogar erwartbar gewesen, pendelt sich aber ganz sicher wieder ein.
Ohne Frage, die Auszeichnung kommt nicht nur mit gesteigerter Bekanntheit einher, sondern auch mit „Verantwortung“, ich würde eher sagen mit „Begeisterung“, dem Business Angel und Startup Eco-System in Deutschland zu mehr Sichtbarkeit und Anerkennung zu verhelfen. Dem Thema mehr Aufmerksamkeit in den Medien zu schenken, ist eines meiner Anliegen für das nächste Jahr. Wir müssen einfach wieder mehr über das Positive in der Gesellschaft berichten, Erfolge feiern und transparent machen und Stolz auf Erreichtes sein. Hier passiert so viel Großartiges, was es wert ist, sichtbar gemacht zu werden, um neue Energie, Mut und Willen für Unternehmertum freizusetzen. Leider überwiegt in der öffentlichen Wahrnehmung und Berichterstattung oft das Negative. Ich würde mir wünschen, dass wir das gemeinsam ändern und so in Deutschland wieder lernen, positiver und zukunftsorientierter zu denken.
Naja, und der Stärkung von Eigenkapital und dem Willen zu privaten Investments, z.B. für Startups und Innovationen hilft eben gerade nicht, medienwirksam viel über eine mögliche „Reichensteuer“ bzw. Vermögensabgaben zu diskutieren und ernsthaft zu glauben, der Staat sei ein besserer Investor, als die vielen gestandenen Unternehmer, die ihr Kapital und Engagement dafür verwenden, täglich unsere Wirtschaft voranzubringen und eben u.a. auch als Business Angels in Startups und damit in unsere gemeinsame Zukunft investieren.
Zur Verleihung selbst: Meiner Wahrnehmung nach war das ein sehr besonderes Auftreten mit den anderen Nominierten. Ihr machtet einen sehr herzlichen, wohlwollenden Eindruck untereinander. Stimmt dieser Eindruck? Woher kommt das?
Das stimmt. Woher kommt das? Ich denke davon, dass die meisten der BA’s das gleiche Mindset zusammenbringt, unabhängig davon, in welche Märkte, Technologien und damit Startups der ein oder andere von uns dann letztendlich investiert. Uns verbindet ganz einfach das „Machen“ und „Bewegen“ wollen, das „Positiv-Denken“, das „Begeistertsein“, gepaart mit praxisnahen Erfahrungen, wie man mit den Herausforderungen in einem Startup oder auch einer größeren Firma als Unternehmer täglich umgehen kann.
Unternehmer, Startups und Business Angels sind einfach „Macher“ und nicht „Forderer“. Selbst anpacken, Dinge mit anderen gemeinsam nach vorne bringen und eben nicht auf den Staat setzen, der für möglichst alles eine Lösung bieten soll, dass zeichnet uns gemeinsam aus, macht uns stark und lässt uns jeden Tag aufs Neue daran arbeiten, den Innovations- und Unternehmens- und Unternehmerstandort Deutschland besser zu machen.
Du sagtest im Vorfeld des Business Angels Tages, dass Du Dich „voll einbringen“ möchtest. Ich finde, das hat man im positivsten Sinne total gemerkt. Du warst an allen Tagen sehr präsent. Und von „außen“ betrachtet war es für Dich ein sehr erfolgreiches Event. Kannst Du uns evtl. ein kurzes, persönliches Fazit des Business Angels Tages geben?
Zunächst muss man festhalten, es war ja nicht nur der „Tag“, sondern drei Tage vollgepackt mit großartigen Menschen und Akteuren, die alle in eine ähnliche Richtung denken und arbeiten. Das ist einfach super inspirierend und gibt eine Menge Kraft, auch mal die ein- oder andere Schwierigkeit auf dem Weg zu überwinden. Die Serie der qualitativ hochwertigen Vorträge und Workshops war genauso überwältigend wie die Einblicke in die Leipziger bzw. in die sächsische Startup Szene am ersten Tag. Und natürlich die überwältigend große Zahl an Startups, die neben den zahlreichen Angels präsent waren, neue Kontakte knüpfen konnten und vielleicht damit sogar die Grundlage für ein zukünftiges Angel Investments geschaffen haben.
Also: Ein Klasse Event, klasse Angels und Förderer der Szene, super spannende Startups und natürlich nicht zuletzt – eine Klasse Organisation durch das BAND Team mit lokaler Unterstützung von futureSAX und vielen Menschen, denen unser gemeinsames Anliegen täglich so viel bedeutet und das sie immer wieder neu mit ihrem Herzblut bereichern. DANKE an alle dafür.
„Das Wichtigste sei das Netzwerken und der Erfahrungsaustausch zwischen den Angels sowie der Kontakt mit den zahlreich anwesenden Startups“, sagtest Du auch im Vorfeld. War es auch vor diesem konkreten Hintergrund ein erfolgreiches Event für Dich? In puncto neue Kontakte etc.?
Absolut. Aus meiner Sicht ist das, was diese drei Tage so wertvoll gemacht hat, nicht nur neue Kontakte zu knüpfen und bestehende mit neuen Inspirationen und Gedankenaustausch weiterzuentwickeln, sondern dass dies jetzt nach den zwei Jahren Corona Pause wieder live möglich war. Die Qualität dieses Austausches zwischen Personen „im echten Leben“ – oder wie ich immer sage, in 3D – ist noch einmal um ein x-faches besser, als so ein Event (ggfs. notgedrungen) online in 2D durchzuführen.
Und es ist mit und trotz all den digitalen Möglichkeiten, die unsere heutige Zeit mit der damit einhergehenden Technologie uns bietet, umso wichtiger, dies von Zeit zu Zeit mit dieser fantastischen Art persönlicher, emotionaler und direkter Interaktion zu ergänzen. Dass dies möglich gemacht wurde, zeigt das vielfältige Feedback zum Event. Dafür danke ich BAND und hoffe, dass dies auch in der Zukunft weiter möglich sein wird.
Abschlussfrage: Wie sieht die nähere Zukunft, also der Jahresanfang 2023 für den Business Angel des Jahres aus?
Voll mit Arbeit, Ideen, großartigen Menschen und dem Willen, das Startup-Eco-System in Deutschland und darüber hinaus weiter voranzubringen. Keine Zeit zum Ausruhen, sondern viel Energie zum Machen.
Vielen Dank, Thomas! Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Du Dir in diesen turbulenten Zeiten die Zeit genommen hast, mit uns zu sprechen.