07. Februar 2022

Business Angel Nikolaus D. Bayer im Interview über seinen erfolgreichen Exit bei der Anyblock Analytics GmbH


Im Gespräch mit BAND hat Nikolaus D. Bayer, Business Angel des Jahres 2020, ausführlich über seinen jüngst erfolgreich vollzogenen Exit beim Mainzer Start-up, der Anyblock Analytics GmbH (“ABA”), gesprochen. Besonders spanned: Auch “ABA” Co-Founder und CEO Peter Eulberg kommt zu Wort und teilt seine Einschätzungen mit uns. Herzlichen Dank!

Herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Exit, Herr Bayer. Seien Sie doch so nett und holen uns bitte einmal ab, um was für ein Unternehmen es sich bei Anyblock Analytics überhaupt handelt.
Nikolaus D. Bayer: Wie das “block” im Unternehmensnamen andeutet, ist die Anyblock Analytics GmbH ein Software-Unternehmen, das sich Blockchain-Themen widmet.

Der Begriff “Blockchain” ist seit Jahren in aller Munde. Großformatige und kommerziell erfolgreiche Anwendungen dieser Technologie sind jedoch abseits von Kryptowährungen weiterhin rar gesät. Anfang 2018 war die Blockchain-Nutzung noch weniger entwickelt als heute, die Zahl der fachlichen Experten entsprechend klein – bei stetig steigendem Interesse an den Möglichkeiten dieser Technologie. Vor diesem Hintergrund erfolgte im Sommer 2018 die Gründung der ABA, mit dem Ziel, Unternehmenskunden den Einstieg in die Blockchain-Welt und die Nutzung dieser Technologie so leicht wie möglich zu machen. Es entstand ein Full-Service-Angebot, das neben Blockchain Analytics auch Monitoring & Alerting, Dashboards für Visualisierungen und Node-Hosting umfasst – sowohl für öffentliche als auch für private Blockchains.

Wie lange waren Sie investiert? Wie kam es zur Zusammenarbeit und wie kann man sich diese genau vorstellen?
NDB: 2017 war “Blockchain” auf meinem persönlichen Radar aufgetaucht. Das ganze Thema fühlte sich ein wenig irre an. Auf der einen Seite ein attraktives, vielversprechendes Konzept, das völlig neue Use Cases zu ermöglichen versprach, begleitet von enormem öffentlichem Interesse. Auf der anderen Seite viele offene fundamentale Fragen wie z.B. der exzessive Stromverbrauch des “Proof of Work”-Algorithmus als zentraler Bestandteil des Bitcoin-Netzwerks oder anderer Kryptowährungen. Dazu eine gehörige Prise Goldgräberstimmung in Form der damals massenweise stattfindenden und oft wenig seriösen ICOs.

Am 30. Januar 2019 nahm ich an einer Matching-Veranstaltung der Business Angels FrankfurtRheinMain e.V. teil. Unter anderem präsentierte dort Peter Eulberg sein frischgegründetes Start-up, die ABA aus Mainz. Er und seine beiden Mitstreiter Sascha Göbel und Freddy Zwanzger positionierten sich als Enabler für die Nutzung von Blockchain-Technologien im Unternehmensumfeld. Die Due Diligence ergab: Das Team passt – die drei hatten schon im Vorfeld zusammengearbeitet, berufliche und unternehmerische Erfahrung und tiefes fachliches Wissen in diesem speziellen Thema. Marktpotenzial, Problemstellung, “Warum jetzt” – Haken dran. Diese Gesamtperspektive verfing bei mir und drei weiteren Angels, ebenso bei der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB). Am 26. August 2019 saßen wir schließlich alle beim Notar. 

Es folgten zwei intensive Jahre, in denen ein ausformulierter Businessplan im Monatsrhythmus hätte umgeschrieben werden müssen – zu jung und unterentwickelt der Blockchain-Markt. So stand z.B. ABA’s blockchain-basiertes Gegenstück zur CovPass-App mehrere Monate vor jener zur Verfügung und fand doch keinen Abnehmer. Insgesamt aber lief es in der Nachbetrachtung nahezu perfekt: Das Team bewies die Fähigkeit, agil und zugleich beharrlich auf neue Erkenntnisse und Marktentwicklungen zu reagieren. So stieg trotz der pandemiebedingten Einschränkungen die Anzahl der Mitarbeiter und der Server im Rechenzentrum beständig, der Cash Flow wechselte ins Positive. 

Herr Eulberg, wie haben Sie Ihre Investoren – neben dem finanziellen Beitrag – unterstützt?
Peter Eulberg: Vor allem mit Erfahrung, beispielsweise in den Bereichen Cash Flow Management, Umgang mit anderen Investoren, oder auch beim Exit. Die finanzielle Beteiligung ist aber schon mit Abstand der wichtigste und umfangreichste Beitrag.

Wie und/oder wodurch kam es jetzt zum Exit?
PE: Die internationale Blockchain-Szene ist (noch) vergleichsweise klein und gut vernetzt. Und so eröffnete uns kaum drei Jahre nach Gründung der ABA die amerikanische Blockdaemon Inc. – teils Komplement, teils Wettbewerber –  im vergangenen Sommer: “We want you!”. Das folgende Angebot wollten wir nun wirklich nicht ablehnen.

NDB: Entscheidend für das Interesse an ABA war sicherlich die Tatsache, dass die entwickelten Produkte technisch überlegen und der Product-Market-Fit bewiesen ist. Hinzu kommt, dass das Team ein tiefes Verständnis von Markt und Technologie entwickelt hat, welches nicht leicht zu finden ist.

Können/Wollen Sie darüber sprechen, in welchem Rahmen Sie bei Anyblock Analytics investiert waren und welche Form des Exits Sie realisiert haben?
NDB: Neben den Vorleistungen der Initiatoren belief sich die “Starthilfe” der Investoren in Summe auf eine halbe Millionen Euro. Die Details des Exits sind vertraulich. Wir können aber berichten, dass sich die Möglichkeit ergeben hat, einen Teil des Exiterlöses in Aktien des Käufers zu erhalten. Umso mehr freut uns die vor wenigen Tagen erfolgte Series C der Blockdaemon. Wir profitieren weiter mit!

Haben Sie auch bei Anyblock Analytics den INVEST Zuschuss genutzt? Und haben Sie nun auch den INVEST Exitzuschuss genutzt? Wenn ja, wie läuft dieser Antrag in der Praxis?
NDB: Selbstverständlich habe ich den INVEST-Zuschuss genutzt. Es wäre sträflich, bei Beteiligungen in Deutschland auf den INVEST-Zuschuss zu verzichten, sofern die Förderbedingungen erfüllt sind. Über die gesamte Beteiligungsdauer habe ich kaum mehr als eine Stunde Zeit in das Förderprogramm investieren müssen. Das ist ein exzellenter Stundenlohn! Da ich über eine Beteiligungsgesellschaft investiere, kann ich den Exit-Zuschuss nicht in Anspruch nehmen.

Ein Blick in die Zukunft. Sind Blockchain-Startups weiterhin lohnenswerte Frühphasen-Investments?
PE: Das kommt darauf an ;) Die Chancen in dem Bereich sind nach wie vor enorm, nehmen wir mal als Beispiel die Börsen und den IPO von Coinbase in den USA. Da tut sich bei den Gründungen nach wie vor sehr viel, beispielsweise in Richtung Aktien und Währungshandel. Je nach Abstraktionsniveau kann da noch sehr viel kommen, beispielsweise auf Protokollebene oder vor allem auch in spezifischen Anwendungsbereichen. Wenn man sich die letzten Investitionen der großen VCs anschaut, wie etwa Andreessen Horowitz, bekommt man einen guten Einblick. Das Gesamtbild verändert sich aber schon. Talente haben heute durch das Emittieren von Tokens alternative Möglichkeiten, an frühe finanzielle Unterstützung zu kommen. Existierende Protokolle sind oft finanziell gut ausgestattet und investieren gerne in solche Talente und deren Ideen. Sehr oft sind die Gründer aber nicht in Deutschland oder Europa angesiedelt. Regulierung ist auch ein nicht zu unterschätzendes Thema für frühe Crypto-Startups. Ich würde die Frage trotzdem mal mit “Ja” beantworten. Crypto-Investitionen sind ein Spezialgebiet. Man muss sich einarbeiten und global Talente und Chancen suchen.

Zum Abschluss, was glauben Sie, wie lange wird es noch dauern, bis Blockchains im Mainstream angekommen sind?
PE: Zeitnah, wenn man sieht, wer jetzt schon alles Bitcoin als ein Element gegen Inflation in seinem Investitionsportfolio hält. Blockdaemon Inc. sieht enorme Zuwächse im institutionellen Staking. Wir werden in diesem Bereich in den USA in den nächsten Monaten ein deutlich verbreitertes Angebot von traditionellen Banken und Investitionsgesellschaften sehen. Ist es schon Mainstream wenn Crypto.com eine Sportarena kauft und Matt Damon für deren Angebot Werbung macht? Wie viel Umsatz bzw. Gewinn müssen Coinbase, Kraken und Binance machen, dass wir von Mainstream sprechen? Schwer zu sagen…

In ein bis zwei Jahren wird es sicher erste relevante Identitäten auf einer Blockchain geben, mit der sich größere Nutzerzahlen identifizieren und autorisieren. Vielleicht die digitale Fahrkarte der Bahn? Beim Impfstatus hätte es fast schon geklappt.