29. Mai 2020

Business Angels Panel 71: Virus schockt Business Angels


Nicht mal die Weltfinanzkrise 2008 hat die Start-up-Mentoren so ausgebremst wie die Corona-Pandemie. Ergebnisse einer Studie.

Das ist eine Zäsur: 29 % aller informellen Wagnisfinanzierer bewerten ihre aktuelle Geschäftslage mit „schlecht“ oder gar „sehr schlecht“. Sowas hat es in der gut 19-jährigen Geschichte des Business Angels Panels (s. Kasten) noch nicht gegeben. Der Standardwert in dieser Kategorie ist 0 %. Selbst in den dunkelsten Monaten der Welt¬finanzkrise 2008 lag die Quote nur bei 13 % – dem bisherigen Negativ-Rekordwert.

Auch der Blick nach vorne ist so finster wie nie zuvor: Immerhin 10 % der Befragten gehen davon aus, dass der Abschwung von Dauer sein wird. Sie bewerten also auch ihre Geschäftsaussichten mit bestenfalls „schlecht“. Nur noch knapp jeder Dritte (30 %) ist tendenziell hoffnungsfroh. Klingt wenig dramatisch? Sicherlich gibt es Wirtschaftsakteure, bei denen solche Erwartungen normal sind. Business Angels zählen aber definitiv nicht dazu! Sie sind qua Definition Optimisten – allesamt. Das ist eine Grundvoraussetzung für ihren Job: Sie überweisen ihr Vermögen an Nachwuchsunternehmer, die oft nicht viel mehr als eine kalkulierte Geschäftsidee vorweisen können. Im Gegenzug erhalten sie Geschäftsanteile. Gemeinsam versuchen Gründer und Geldgeber dann, den Wert des Start-ups zu erhöhen. Solange, bis der Business Angel aussteigt und seine Anteile gewinnbringend verkauft. Soweit die Theorie…

In der Praxis hat das zuletzt leider kaum noch geklappt. Zwar meldeten die 33 Panel-Teilnehmer insgesamt ein Dutzend Exits. Tragischerweise wurden davon aber gleich zehn auf dem Unternehmensfriedhof vollzogen. Mit anderen Worten: In über 80 % der Fälle mussten die Business Angels einen Totalausfall ihres Investments hinnehmen. Eine ähnlich katastrophale Quote gab es in der Panelhistorie erst zweimal. In beiden Fällen war die Grundgesamtheit aber kleiner.


Spuren auf beiden Marktseiten

Dieses große Sterben hinterlässt Spuren auf beiden Marktseiten: Potenzielle Gründer versenden erheblich weniger Businesspläne. So erhielt jeder Teil-nehmer des Panels in den ersten drei Monaten dieses Jahres lediglich rund 16 ausformulierte und durchgerechnete Geschäftskonzepte. In den letzten Jahren war dieser Wert etwa doppelt so hoch!

Dieses deutlich reduzierte Beteiligungsangebot trifft auf eine noch stärker eingebrochene Nachfrage: Die Zahl der Beteiligungsverhandlungen sank auf ein Allzeittief. Jeder Befragungsteilnehmer hat rechnerisch nur noch 1,3 intensive Gespräche geführt. Offenbar hält sich das Interesse an neuen Engagements in engen Grenzen. Konkret: Fast jeder zweite Business Angel (48,5 %) plant, die Zahl seiner Erstinvestments zu reduzieren.

Hauptgrund dafür dürfte die unsichere Wirtschaftsentwicklung sein. Hinzu kommt aber noch der erhöhte Betreuungsbedarf bei den vorhandenen Portfoliounternehmen. Immerhin sind die Befragten darauf vorbereitet: Knapp zwei Drittel (63,6 %) wollen ihren Schützlingen häufiger mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und gut 40 % beabsichtigen, ihren Küken mehr Kapital zur Verfügung zu stellen.

Teils werden diese Vorhaben offenbar schon umgesetzt. Nur so ist zu erklären, dass die Panelteilnehmer immerhin 21 Finanzierungsrunden meldeten. Rechnerich haben also rund 60 % der Business Angels investiert. Das entspricht einem guten Mittelwert. Pro Deal wechselten knapp 51 000 € den Besitzer – etwas weniger als im Durchschnitt der vergangenen Jahre.

Medizintechnik holt auf

Das Coronavirus hat sogar Einfluss auf die Hitparade der Business Angels: Relativ gute Chancen auf himmlische Unterstützung haben – wie zuletzt – die Anbieter von Software und Umwelttechnik. Neu aber ist Platz 3. Hier machen sich jetzt Medizintechniker breit – und verdrängen Industrieautomatisierer. Letztere werden bis auf Platz 9 durchgereicht. Vor allem in Krisenzeiten sind gesunde Menschen offenbar wichtiger als effiziente Roboter. Ein weiteres Indiz dafür findet sich auf Platz 5. Hier landen Life-Sciences-Experten. Es ist lange her, dass sie so hoch gehandelt wurden. Gleiches gilt für Biotechnologen, die sich auf Platz 7 vorschieben. Ganz unten in der Gunst der Investoren stehen weiterhin Einzelhändler. Sie halten die rote Laterne seit Jahren fest in ihrer Hand. Im Durchschnitt hatte jeder Business Angel am Ende des ersten Quartals 6,8 Start-ups unter seinen Fittichen. Im Vorquartal war die Zahl etwas höher.

Einen Silberstreif am Horizont gibt es aber auch: Die Befragten gaben an, erst knapp 70 % ihrer für Beteiligungen vorgesehenen Mittel ausgegeben zu haben. Damit ist das Budget für künftige Deals nur minimal geschrumpft.

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via VDI Nachrichten, sta