Engel wollen Medizintechnikern weiterhin den Rücken stärken
Nach jüngsten Ergebnissen der Umfrage blicken die privaten Wagniskapitalgeber Deutschlands optimistisch in die Zukunft. Im vierten Quartal 2008 luden sie verstärkt Gründer zu Beteiligungsgesprächen ein und steigerten die Zahl ihrer Deals. Beste Chancen auf himmlisches Startkapital hatten Medizin- und Umwelttechniker. Ob der Aufwärtstrend anhält, ist angesichts einer aktuellen Entscheidung aus Brüssel allerdings fraglich.
Ende vergangenen Jahres war die Welt für die informellen Wagniskapitalgeber in Deutschland noch in Ordnung. Das zeigt das aktuelle Business Angels Panel. Die 23 Teilnehmer der Umfrage blickten optimistisch in die Zukunft. Auf einer Skala von 1 (=sehr schlecht) bis 7 (=sehr gut) bewerteten sie ihre Geschäftsaussichten mit immerhin knapp 5 Punkten. Ähnlich hoffnungsfroh waren sie zuletzt im 2. Quartal 2007 gewesen. Selbst die Geschäftslage wurde mit 4,5 Punkten leicht besser eingeschätzt als im Vorquartal – der Finanzkrise zum Trotz.
Also alles eitel Sonnenschein? Mitnichten. Wahrscheinlich hat ein Teil der Befragten auf die schnelle Umsetzung des bereits im Juni 2008 beschlossenen § 20 des Wagniskapitalbeteili-gungsgesetzes (WKBG) vertraut. Dieser sah klar definierte Steuererleichterungen für Start-up-Finanzierer vor. Neuesten Nachrichten zufolge ist dieses Vorhaben aber zunächst mal auf Eis gelegt. Die EU-Kommission hat Bedenken, dass einzelne Jungunternehmen begünstigt werden könnten. Sie befürchtet außerdem, dass die geplanten Steuervorteile für private Finanzierer unverhältnismäßig hoch sein könnten. (Die VDI nachrichten berichteten über die Entscheidung aus Brüssel im Internet: www.vdi-nachrichten.com/startzeit.)
Nun steht zu befürchten, dass einige Business Angels den Kopf in den Sand stecken – und ihr Geld in festverzinsliche Anlagen. Das wäre fatal für den Gründerstandort Deutschland. Viele gute Geschäftsideen würden auf der Strecke bleiben.
Dabei hatten die Panelteilnehmer im 4. Quartal 2008 durchaus noch Interesse an neuen Deals: Jeder Einzelne führte im Durchschnitt alle 37 Tage ein Beteiligungsgespräch. Eine so hohe Frequenz wurde zuletzt vor über zwei Jahren markiert. Und viele der Verhandlungen mündeten tatsächlich in einen neuen Beteiligungsvertrag: Mehr als jeder dritte Engel (36 %) investierte frisches Kapital. Dieser Wert wurde zuletzt im 4. Quartal 2006 getoppt. Besonders erfreulich: Jede zweite Kapitalspritze kam einem Start-up zu Gute, welches bisher nicht vom jeweiligen Investor betreut wurde.
Pro Deal wechselten durchschnittlich 64 333 € den Besitzer. Das ist deutlich weniger als in den Vorquartalen (siehe Grafik links). Die älteren Werte wurden aber regelmäßig verzerrt durch einzelne Großdeals (bis zu 700 000 €). Solche Ausreißer wurden in der jüngsten Erhebung nicht gemeldet. Stattdessen wurde auf breiter Front investiert. Das spiegelt sich auch in der durchschnittlichen Portfoliogröße wider: Jeder Business Angel hält derzeit durchschnittlich 4,95 Beteiligungen – soviel wie seit zwei Jahren nicht mehr.
Diese Entwicklung klingt zunächst erfreulich. Tatsächlich ist sie aber auch das Resultat eines brach liegenden Exitmarkts: Die Panelteilnehmer konnten im 4. Quartal 2008 lediglich drei Beteiligungen veräußern – zwei gingen an Finanzinvestoren, eine an einen strategischen Investor. Da kann es nur wenig trösten, dass kein Totalausfall verkraftet werden musste.
Potenzielle Unternehmensgründer waren weniger aktiv als in den Vor-quartalen. Die Zahl der von ihnen verschickten Businesspläne sank jedenfalls deutlich: Jeder Business Angels erhielt monatlich noch durch-schnittlich vier ausformulierte Geschäftsideen. Im Vorquartal waren es fünf.
Größte Hoffnung auf himmlischen Beistand können sich aktuell die Gründer von Medizintechnik- und Umwelttechnik-Unternehmen machen. Jeweils 61 % aller Engel halten diese Branchen aktuell für attraktiv. Auf dem dritten Platz folgt der Energiesektor mit einer Zustimmungsquote von 47 %. Auffal-lend ist, dass die einst gehypten und dann eher missachteten Branchen Life Sciences und Neue Materialien sich zurück gekämpft haben in das Top-Quintett (42 % bzw 40 %).
Schlechte Karten im Spiel um privates Wagniskapital haben derzeit Finanzdienstleister, Vertreter der Chemie-Branche und Anbieter von EDV-Hardware.
Das Business Angels Panel zeigt außerdem, wie bescheiden Business Angels in Deutschland sind: Keiner der Befragten hält die Mehrheit an dem von ihm unterstützten Start-up. In 63% der Fälle besitzen die Investoren sogar weniger als 10% aller Anteile.
Dass die Panelteilnehmer in ihren Portfoliofirmen nicht das Ruder in die Hand nehmen wollen, unterstreicht auch das Ergebnis einer Zusatzfrage: Danach können sich über 86% der Befragten vorstellen, als Teil einer Business Angel Group zu agieren. Sie könnten sich also damit anfreunden, ausschließlich als Kapitalgeber an Bord zu sein. Den Einfluss auf das operative Geschäft würden sie einem einzelnen Lead-Angel anvertrauen.
Überraschend hoch ist der Anteil der Engel, die auch an langfristigen Deals interessiert sind: 77% der Befragten können sich vorstellen, neben exitorientierten Investments auch solche Beteiligungen einzugehen, die sich über eine Gewinnbeteiligung bezahlt machen sollen.