Business Angels bereit für neue Deals
Gründungsfinanzierung: US-Präsident Obama sieht den „Anfang vom Ende“ des Abschwungs. Und Wirtschaftsminister zu Guttenberg hat einen „breiter werdenden Hoffnungsschimmer“ ausgemacht. Die Business Angels in Deutschland sind diesem Duo weit voraus. Für sie ist das Jammertal längst durchschritten. Sie beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage so gut wie seit zwei Jahren nicht mehr. Ergebnisse des Business Angels Panels für das 2. Quartal 2009.
VDI nachrichten, Düsseldorf, 14. 8. 09, sta
Für Georg Marekwica ist die Wirtschaftskrise kein Thema mehr. Der erfahrene Business Angel aus Witten erklärt: „Es wurde lange genug lamentiert. Wir müssen endlich die Ärmel hochkrem-peln und anpacken.“ Die Zeit dafür sei günstig. „Gründer, die in den letzten Monaten an mich herangetreten sind, hatten realistische Erwartungen. Niemand verlangt mehr Millionensummen für einen winzigen Bruchteil eines noch gar nicht existenten Unternehmens.“ Die jungen Entrepreneure in Deutschland seien außerdem verstärkt bereit, mit ihren Finanzierern zu koope-rieren. „Neben meinem Kapital wird inzwischen auch mein Know-how und mein Netzwerk gerne in Anspruch genommen.“ So mache die Arbeit als Business Angel wieder richtig Spaß.
Ähnlich wie Marekwica geht es offensichtlich vielen privaten Gründungsförderern in Deutschland. Die 23 Teilnehmer des jüngsten Business Angels Panels bewer-ten ihre aktuelle Geschäftslage so gut wie seit zwei Jahren nicht mehr. Auf einer Skala von 1 (=sehr schlecht) bis 7 (=sehr gut) vergaben sie durchschnittlich 5,22 Punkte. Bei den Geschäftsaussichten reichte es gar für 5,39 Punkte. Ein höhe-rer Wert wurde zuletzt im ersten Quartal 2007 markiert.
Allerdings haben nicht alle Panel-Teilnehmer die rosa Brille auf. Oliver Bücken aus München beispielsweise hat eine eher pragmatisch Erklärung für den positiven Ausblick seiner Kollegen: „Viel schlechter als zuletzt kann es ja wohl kaum noch werden…“
Erfreulich ist, dass der Gründerelan wieder deutlich zugenommen hat. Jeder Panel-Teilnehmer fand zwischen April und Juni durchschnittlich knapp 14 Businesspläne in seinem Postkasten. Mehr waren es in den letzten sechs Jahren nur drei Mal. Die Adressaten würdigten diesen Fleiß und baten durchschnittlich 2,8 mal zum Beteiligungsgespräch – so oft wie seit knapp vier Jahren nicht mehr. Und auch das Ergebnis der Sitzungen kann sich durchaus sehen lassen: Mehr als jeder dritte Engel (35 %) hat sich in ein Start-up eingekauft – was immerhin der Durchschnitts-quote der vergangenen sechs Jahre entspricht.
Besonders tief griffen sie dabei aber nicht in die Tasche. Rein rechnerisch machte jeder nur knapp 49.000 € locker. Weniger war es zuletzt vor über zwei Jahren. Wie schon im Vorquartal kam das Gros der Mittel (80 %) solchen Unternehmen zu Gute, die sich vorher noch nicht im Portfolio des Investors befanden.
Beste Chancen darauf, unter die Fittiche eines Engels zu kommen, haben aktuell Gründer aus dem Bereich Umwelttechnologien. Satte 71 % der Befragten halten erneuerbare Energien, neue Verfahren zur Verminderung der Luftverschmutzung sowie innovative Maßnahmen zum Gewässer-, Boden-, Lärm- und Strahlenschutz für attraktiv. Noch nie in der Geschichte des Panels waren sich die Befragten hinsichtlich einer einzelnen Branche so einig. Ebenfalls gute Karten im Spiel um himmlische Unterstützung haben Medizintechniker (57 % Zuspruch) und Anbieter neuer Materialien (55 %).
Wie schon in den vergangenen Quartalen dürfen sich die Anbieter von EDV-Hardware kaum Hoffnung machen auf Starthilfe von Business Angels. Gleiches gilt für Gründer aus den Berei-chen Internet-Infrastruktur und Medien/Entertainment.
Geld für neue Deals ist noch reichlich vorhanden. Die Panel-Teilnehmer gaben an, durchschnitt-lich erst gut 50 % ihrer für Angel-Investments vorgesehenen Mittel ausgegeben zu haben. Mit anderen Worten: Knapp 50 % des Budgets wollen noch in interessante Gründungen investiert werden. Ein so großer Anteil war zuletzt Anfang 2002 verfügbar.
Zu diesem aus Gründersicht glücklichen Umstand dürfte auch der Exitmarkt beigetragen ha-ben: Im 2. Quartal 2009 trennten sich die Panelteilnehmer von neun Beteiligungen – ein Vielfa-ches dessen, was in den vier Vorquartalen jeweils gemeldet wurde. Dabei wurden vier Beteili-gungen von den Gründern zurückgekauft, zwei wurden von strategischen Investoren übernom-men, eine wurde nicht näher erläutert. Zwei Deals mündeten ärgerlicherweise in einer Liquidation.
Entsprechend dieser Vielzahl von Abgängen schrumpfte das Durchschnittsportfolio der Panelisten deutlich: Zuletzt hatte jeder nur noch 3,87 Gründungen unter seinen Fittichen. Weniger waren es zuletzt vor vier Jahren.