Himmlische Laune trotz zahlreicher Todesfälle
Obwohl die informellen Wagnisfinanzierer in Deutschland zuletzt viele ihrer Portfoliounternehmen zu Grabe tragen mussten, sind sie bester Laune. Voller Elan starteten sie ins neue Jahr. Knapp aber ist das Kapital. Anbieter von Web-Services und E-Business-Lösungen dürfen sich noch die größte Hoffnung machen auf eine himmlische Finanzspritze. Ergebnisse einer Umfrage.
VDI nachrichten, Düsseldorf, 21. 2. 14, sta
Chapeau! Was die Teilnehmer des jüngsten Business Angels Panels an Optimismus beweisen, würden böse Zungen an der Grenze zum Realitätsverlust verorten: Obwohl die 17 privaten Wagnisfinanzierer gleich sieben (!) ihrer Portfoliounternehmen zu Grabe tragen mussten, sind sie weiterhin bester Laune. Sie bewerteten ihre Geschäftslage im 4. Quartal 2013 mit stolzen 5,56 Punkten. Die Skala reicht dabei von 1 (=sehr schlecht) bis 7 (=sehr gut). In der inzwischen zwölfjährigen Historie der Umfrage war der Wert nur ein einziges Mal besser. Auch bei der Bewertung der Geschäftsaussichten haben die Gründungsförderer die rosa Brille auf. Hier reichte es für 5,69 Punkte, was ebenfalls nur knapp am Allzeithoch vorbei schrappt.
Sieben Liquidationen! Sieben Mal blieb den Investoren von ihrem finanziellen und zeitlichem Engagement nichts übrig. Das schmerzt. Ähnlich ernüchternd war die sogenannte Exitbilanz – in diesem Fall eher „Exitusbilanz“ – erst einmal. Das war vor elf Jahren. Damals allerdings verteilten sich die Todesfälle auf 27 Teilnehmer. Mit anderen Worten: Noch nie traf es die einzelnen Teilnehmer so hart wie zuletzt.
Wo so viel Schatten ist, war naturgemäß auch etwas Licht: Die Teilnehmer meldeten vier potenziell lukrative Beteiligungsveräußerungen. In zwei Fällen konnte das aufgepeppte Start-up in die Hände eines strategischen Investors übergeben werden – im Tausch gegen Bares, versteht sich. In einem Fall wurde das Küken in den Stall eines anderen Finanzinvestors entlassen – natürlich gegen eine angemessene Ablösesumme. Der vierte Transfer wurde nicht näher umschrieben.
Die gute Stimmung unter den Investoren ist – trotz dieser vier Trostpflaster – eigentlich nicht zu erklären. Roland Kirchhof, Vorstand des Business Angels Netzwerks Deutschland (BAND), wagt trotzdem eine Einschätzung: „Vielleicht waren die Abschreibungen schon länger vorhersehbar. Sie waren wahrscheinlich bereits eingepreist und wurden zum Ende des Jahres nur noch vollzogen.“ Insgesamt seien die Marktakteure tatsächlich weitgehend guter Laune. „Wir sind gerade deutschlandweit auf einer Roadshow, um das Förderprogramm, Investitionszuschuss Wagniskapital’ vorzustellen. Dabei spüren wir überall große Aufbruchstimmung.“ Quantifizierbar ist das freilich nicht.
Bleibt ein Blick auf die neutralen, nüchternen Zahlen. Auf den ersten Blick positiv sind die vielen Businesspläne, die an die Business Angels verschickt wurden. Rein rechnerisch erhielt jeder Umfrageteilnehmer rund 28 ausformulierte Geschäftsideen mit der Bitte um wohlwollende Prüfung. Das sind fast doppelt so viele wie im langjährigen Durchschnitt. Auf den zweiten Blick aber wird klar, dass die Zahl von einem einzelnen Panelisten stark verzerrt wurde. Dieser eine Engel erhielt 300 (!) Pläne – und bewegt sich damit an der Grenze zur Venture Capital Gesellschaft. Rechnet man diesen Ausreißer heraus, landeten nur noch gut zehn Konzepte in den Postkästen der Befragten.
Positiv aus Sicht der Gründer: Es wurde auf breiter Front investiert. Jeder zweite Engel griff ins Portemonnaie, um ein neues Unternehmen in sein Portfolio aufzunehmen und anzuschieben. Im langjährigen Mittel liegt die Quote nur bei 36 %.
Unter Einbezug von Folgefinanzierungsrunden gab jeder Befragte durchschnittlich knapp 66 000 € aus. Das bedeutet zwar eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorquartal, ist aber zum Großteil dem Engagement eines einzelnen Investors geschuldet. Dieser machte mehr als 0,5 Mio. € locker. Doch auch ohne ihn wäre die Summe mit knapp 40 000 € beinahe doppelt so hoch wie zuletzt. So viel Spendierlaune schlägt sich natürlich nieder im himmlischen Etat. Nach aktuellem Stand haben die Business Angels 74 % ihrer für Start-up-Investments vorgesehenen Mittel bereits ausgegeben. So hoch war die Quote noch nie. Angesichts der vielen Abschreibungen und der zahlreichen, teils großvolumigen Neu-Investments ist die Zahl aber nicht verwunderlich.
Wer darf unter solchen Bedingungen noch hoffen auf eine himmlische Kapitalspritze? Am höchsten in der Gunst der Investoren stehen aktuell Gründer aus dem Bereich Webservices/E-Business. Den zweiten Platz teilen sich Umwelttechniker und Materialforscher. Bronze geht je zur Hälfte an Medizintechniker und Energie-Experten.
Umfrage: Business Angels sehen in der Crowd kaum Konkurrenz
Nur knapp jeder fünfte Business Angel sieht in Crowdinvestoren Wettbewerber. 29 % sehen die Hobby-Anleger, die sich via Plattformen wie Seedmatch oder Companisto mit kleinen Beträgen an jungen Unternehmen beteiligen, eher als willkommene Finanzierungspartner. Die Mehrheit (53 %) hält den neuen Trend in der Gründungsfinanzierung für unbedeutend im Hinblick auf das Geschäft der Business Angels. Das ist ein Ergebnis des jüngsten Business Angels Panels.
Auf die Frage, ob sie schon einmal selbst via Crowdfunding-Plattform in ein Start-up investierten, antworteten immerhin 18 % der befragten Business Angels mit „ja“.