09. September 2014

Business Angels Panel Nr. 50 (2. Quartal 2014)

Der deutsche Markt für informelles Wagniskapital zeigt sich weiterhin sehr dynamisch. Die Finanzierer greifen wieder vielen Start-ups unter die Arme und konnten zugleich etliche ihrer Beteiligungen abstoßen. Beste Chancen auf künftige Unterstützung haben Anbieter von Web-Services.

Die-attraktivsten-Branchen-fuer-Wagnisfinanzierer

Spitzenplatz verteidigt: Dot.coms sind erneut Engels Liebling.

Ganz schön was los im Portfolio der deutschen Business Angels! Vor allem auf der Exitseite gab es Bewegung: Die 39 Teilnehmer des jüngsten Business Angels Panels meldeten im 2. Quartal 2014 stolze 22 Divestments. Rein rechnerisch hat also gut jeder zweite Teilnehmer eine Beteiligung aus seiner Obhut entlassen können. So hoch war die Quote noch nie in der zwölfjährigen Geschichte des Panels.

Erfreulich: Nur sieben der Abgänge endeten auf dem Friedhof. Es überwogen die potenziell lukrativen Deals: Vier Mal konnte die Beteiligung an einen weiteren Finanzinvestor veräußert werden. Ebenso oft kauften die Gründer die Unternehmensanteile zurück. In drei Fällen stand ein strategischer Investor auf der Käuferseite. Zu den übrigen vier Exits machten die Panel-Teilnehmer keine näheren Angaben.

Hintergrund dieser positiven Entwicklung könnte sein, dass sich immer mehr große Konzerne in Start-ups einkaufen. Alte Hasen auf diesem Gebiet sind etwa Telekom, BASF, SAP oder Tengelmann. Zu den bereits bekannten Playern zählen auch Siemens und Bosch. Beide kündigten jüngst an, ihr Engagement künftig ausweiten zu wollen. Neu im Investorenkreis ist die Lufthansa. Sie will noch in diesem Jahr einen Innovationsfonds auflegen.

Auch auf der Einkaufsseite waren die Angels sehr aktiv. Gut jeder zweite (54%) machte Geld locker für eine neue Beteiligung. Zum Vergleich: Das langjährige Mittel liegt bei 37%.

Durchschnittlicher-Einsatz-je-Business-Angel

Investitionen: Viele Engel gaben Geld, der Durchschnittsbetrag aber sank

Ein Grund für so viel Engagement war sicher das große Angebot: Rechnerisch wurden jedem Umfrageteilnehmer 28 Geschäftskonzepte vorgestellt. Das ist knapp am Allzeithoch vorbei.

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Gründer voller Elan: Zahl der versendeten Businesspläne nahe am Allzeithoch

Welche Auswirkungen haben die vielen Exits und Neu-Investitionen auf die himmlischen Kapitalreserven? Wenig! Einnahmen und Ausgaben heben sich offenbar weitgehend auf. Jedenfalls haben die Umfrageteilnehmer erst rund 66% ihrer für Angel-Investments vorgesehenen Mittel ausgegeben. Das entspricht dem Durchschnitt der vergangenen Jahre.

Wer darf am ehesten auf Kapital und Know-how der Business Angels hoffen? Die Hitparade der beliebtesten Branchen wird zum dritten Mal in Folge angeführt von Internet-Firmen. Auf Platz zwei vorgeschoben haben sich Medizintechniker. Nur noch Platz drei bleibt für die Umwelttechniker, die zuvor viele Monate den Platz zwei für sich reserviert hatten.

Also alles prima im Reich der Business Angels? Es sieht so aus! Die Panel-Teilnehmer bewerten ihr derzeitige Geschäftslage auf einer Skala von 1 (=sehr schlecht) bis 7 (=sehr gut) mit immerhin 5,54 Punkten. Das ist der dritthöchste Wert, der je angegeben wurde. Bei der Bewertung der Geschäftsaussichten gibt es zwar zum zweiten Mal in Folge einen kleinen Dämpfer, mit 5,46 Punkten liegt die Zuversicht aber noch weit über dem langjährigen Mittel.

Entwicklung des Geschäftsklimas in Deutschland

Entwicklung des Geschäftsklimas in Deutschland

Was die Zuversicht vielleicht dämpft, ist der erwartete Dealflow, also das künftige Angebot an Beteiligungsgelegenheiten: Immerhin 38% der Befragten haben den Eindruck, dass die Zahl der Hightech-Gründungen in Deutschland zurück geht. Und 37% registrieren eine abnehmende Qualität.

Woran mangelt es der deutschen Hightech-Gründerszene aus Sicht der Engel? Knapp jeder zweite Umfrageteilnehmer (49%) spricht sich vor allem für steuerliche Erleichterungen für Wagnisfinanzierer aus. Weitere 29% wünschen sich, Verluste und Verlustvorträge nachhaltig steuerlich geltend machen zu können. 14% sprechen sich für ein neues Börsensegment für junge Technologieunternehmen aus. 6% sehen in staatlichen Ankerinvestoren, die in neue VC-Fonds investieren, die beste Maßnahme, um die Gründerszene zu beleben. 3% sprechen sich dafür aus, dass Jungunternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen bevorzugt berücksichtigt werden sollten.

Uwe Köhler, Vorstand des Business Angels Netzwerk Banson in Wolfsburg, sieht das Problem weniger in den Rahmenbedingungen. Stattdessen seien eher die Gründer in der Pflicht. „Viele scheitern, weil ihnen die nötige Kompetenz als Unternehmer fehlt.“ Es müssten deshalb neben den Entrepreneurship-Lehrstühlen an Hochschulen weitere Angebote zur Gründer-Ausbildung gemacht werden.

 

via VDI Nachrichten, sta