26. März 2025

Carsten Kraus, Business Angel des Jahres 2024, im exklusiven Interview mit BAND


Richard Wibbels: Herr Kraus, auf diesem Wege möchte ich Ihnen noch einmal herzlich zur Auszeichnung als Business Angel des Jahres 2024 gratulieren – auch im Namen von BAND. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, meine Fragen zu beantworten.

Bereits in jungen Jahren haben Sie Ihre unternehmerischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt. Mit sieben Jahren begannen Sie mit Elektrobasteleien, und noch vor dem Abitur verließen Sie die Schule, um mit 16 Jahren Ihre erste Firma, die Omikron Software GbR (heute Omikron Data Solutions GmbH), zu gründen.

Carsten Kraus: Ich finde so viele Ideen spannend, und irgendwann hatte ich genug Geld, um mich auch finanziell zu engagieren. Als ich angefangen habe, gab es so etwas wie Business Angels noch nicht. Meiner Ansicht nach hat diese Entwicklung sehr viel Positives bewirkt, indem sie jungen Gründern, die noch kein Kapital haben, geholfen hat, ihre Innovationen schneller auf den Markt zu bringen.

Carsten Kraus: Ich war total überrascht, dass ich aus den letzten sieben Bewerbern tatsächlich zum Business Angel des Jahres gewählt wurde – da war ich wirklich platt! Angesichts der anderen Bewerber hätte ich das nicht erwartet. Ansonsten ist für mich das Wichtigste bei einem Business-Angel-Tag, dass man sich austauscht und Menschen trifft, denen man sonst nicht persönlich begegnet. Denn trotz aller tollen Technologien – wie zum Beispiel Casablanca, das ich gerade verwende – ist es doch noch schöner, Menschen direkt und in Fleisch und Blut vor sich zu haben. Ich glaube, dass die Menschen diese persönliche Begegnung auch bei weiterer Verbesserung der Technik nicht missen wollen.

Richard Wibbels: Thema KI – das neue Alter Ego des Business Angels. Zu diesem Thema waren Sie auf dem Podium vertreten.

Carsten Kraus: KI, die Business Angels hilft, ihre Entscheidungen fundierter, besser und schneller zu treffen, ist natürlich ein großer Vorteil. Sobald man als Business Angel einigermaßen bekannt ist, bekommt man extrem viele Bewerbungen. Wenn man die alle manuell durchsehen will, bleibt für nichts anderes mehr Zeit – und man schafft es wahrscheinlich nicht, alle gründlich zu prüfen.

Wir haben daher intern Tools entwickelt, mit denen wir Start-up-Bewerbungen vorab analysieren. Diese recherchieren einige Informationen für uns und tragen sie in eine Datenbank ein. Das bedeutet, wenn wir ein Pitchdeck erhalten, wird es zuerst von einer KI durchleuchtet, die relevante Zusatzinformationen herausfiltert. Anhand dieser Informationen können wir dann schneller entscheiden, welche Bewerbungen für uns interessant sind und welche nicht.

Ich investiere hauptsächlich in KI-Start-ups. Allerdings spielt auch die Bewertung eine Rolle: Wenn die Unternehmensbewertung bereits sehr hoch ist, ist es in der Regel kein Invest für mich. Ich steige meist in der Pre-Seed-Phase ein – also vor dem ersten Markteintritt –, wenn das Risiko noch sehr hoch ist. Während viele Investoren in dieser Phase zögern, weil es noch keine Kunden und keine Traction gibt, sage ich: Ich kann Technologie beurteilen. Wenn die Technologie spannend ist und die Bewertung noch niedrig, ist das für mich ein interessanter Kandidat.

Carsten Kraus: Beides – aber vor allem Letzteres. Die Auszeichnung gibt mir eine größere Plattform und damit eine wichtigere Stimme in den Medien. Wenn größere Medien über Business Angels berichten, wird meine Meinung nun eher gehört, weil ich für ein Jahr „amtierender“ Business Angel des Jahres bin.

Wir machen viel für unsere Start-ups – aktuell habe ich 15 Beteiligungen, vor dem Business Angels Tag waren es noch 12. Drei neue sind also hinzugekommen, während einige andere ausgeschieden sind. Einige Start-ups sind gescheitert, aber ich hatte auch einen sehr erfolgreichen Exit.

Trotz der aktuellen Herausforderungen am Markt hat dieser eine Fall sehr gut funktioniert. Ich möchte mehr Menschen Lust darauf machen, sich mit Start-ups zu beschäftigen. Es gibt viele erfahrene Manager, die nicht nur Kapital investieren, sondern auch mit ihrem Wissen einen großen Beitrag leisten können. Dieses Bewusstsein zu stärken, ist mir ein wichtiges Anliegen.

Richard Wibbels:

Carsten Kraus: Ja, es gab eine ungewöhnliche Situation. Ich war zunächst als KI-Berater in einem Start-up tätig, das eigentlich gar keine Investoren suchte. Im Herbst entschieden sie sich dann doch für eine Finanzierungsrunde, und ich habe mich sofort beteiligt. Da ich das Unternehmen bereits von innen kannte, war mir klar, dass es großes Potenzial hat.

Ein weiteres spannendes Experiment war meine Beteiligung an einer Hardware-Firma in einer Zwischenfinanzierungsrunde. Ein anderer Angel-Investor, der weniger technisch orientiert ist, hatte mich darauf aufmerksam gemacht, weil er das Gründerteam beeindruckend fand. Ich habe investiert, weil ich die Technologie faszinierend fand – jetzt bin ich gespannt, wie sich das entwickelt.

Carsten Kraus
Wir müssen zwischen den fünf Schlüsseln unterscheiden. Einige sind eher technischer Natur – zum Beispiel brauchen wir eigene Large-Language-Models (LLMs) in Europa. Diese Modelle sind „Weltanschauungsmaschinen“: Sie spiegeln die Werte der Gesellschaft wider, die sie trainiert hat. Wenn wir nur auf chinesische oder amerikanische Modelle zurückgreifen, übernehmen wir auch deren Perspektiven. Deshalb müssen wir eigene europäische Modelle trainieren.

Von den fünf Schlüsseln halte ich es für besonders wichtig, positive Narrative rund um Gründungskultur und KI zu etablieren – anstelle der vielen Bedenken und Zurückhaltung, die oft vorherrschen. Wenn wir dieses Mindset ändern, könnte das den größten positiven Effekt auf unsere Zukunft als Technologie-Standort haben.

Richard Wibbels
Vielen Dank, Herr Kraus, für Ihre Zeit und die Beantwortung meiner Fragen. Alles Gute – und bis zur nächsten BAND Veranstaltung.

Carsten Kraus
Dankeschön!

Carsten Kraus ist Multi-Unternehmer, KI-Experte, Business Angel des Jahres und Mitglied des Forbes Technology Council. Kraus startete 2021 mit dem Angel Investing, blickt auf insgesamt 18 Investments zurück und unterstützt aktuell 15 Startups – darunter auch seine eigene Gründung Casablanca.ai, die mittels KI natürlichen Blickkontakt in Videocalls wiederherstellt. Er setzt sich dafür ein, die Chancen von KI zu nutzen und vielversprechende Startups zu fördern, denn er ist davon überzeugt, dass neue Technologien Wert für Unternehmen und Menschen zugleich stiften.