02. März 2015

“Das Unternehmergen hatte ich schon immer im Blut”


Lebensmittel sind seine Leidenschaft. Mit BAND sprach Food Angel Prof. Wolf Michael Nietzer

Zunächst einige allgemeine Fragen: Seit wann sind Sie als Business Angel aktiv und wie sind Sie dazu gekommen, in Start-ups zu investieren?

Die aktive Zeit als Angel Investor begann vor fünf Jahren. Zwar gab es zuvor schon zwei Beteiligungen, aber das „Leben“ als Business Angel nahm so richtig seinen Lauf mit einer Investition in ein U.S. Start-up in der Systemgastronomie. Meine berufliche Tätigkeit als deutscher und U.S. Anwalt im Transaktionsgeschäft (quer durch alle Branchen, New und Old Economy) brachte mich seit etwa dem Jahr 2000 in Kontakt zu vielen Start-ups der New Economy. Das führte verstärkt dazu, dass ich Lust darauf bekam, auf der anderen Seite des Tisches zu sitzen, zu gründen oder mich zu beteiligen. Das Unternehmergen hatte ich schon immer im Blut, auch familiär bedingt.

Haben Sie einen Branchenfokus bei Ihren Beteiligungen? Steht dieser in Zusammenhang mit ihren beruflichen Erfahrungen vor/neben Ihren BA-Aktivitäten?

Es gibt einen Schwerpunkt im Food Bereich, bestehend aus Produkten, Food Tech, Food Internet sowie Systemgastronomie. Einen Bezug zu meiner beruflichen Tätigkeit als Transaktionsanwalt gibt es insoweit aber nicht.

Sie haben als Mitglied der Food Angels sicherlich schon Erfahrungen mit der Syndizierung von Beteiligungen gemacht. Welche Vorteile können sich daraus für Start-ups wie Business Angels ergeben?

Aus meiner Sicht gibt es verschiedene Arten der Syndizierung, die je nach Ausgangslage für den einen oder anderen mehr oder weniger erfahrenen Business Angel oder (nur passiven) Investor Sinn machen. Die Food Angels selbst sind in auf ausschließlich Vertrauen basierender Zusammenschluss (ohne rechtliches Korsett) aus Know-how, Netzwerk, Leidenschaft für „tasty investments“ und Bereitschaft zum Zeiteinsatz (siehe www.food-angels.org). Jeder Food Angel investiert eigenverantwortlich sowie persönlich oder über seine Beteiligungsholding. Wir sind ohne ein klassisches Syndikatvehikel – oder vielleicht auch gerade deswegen – schlagkräftig. Wir treffen kurze und schnelle Entscheidungen und vertreten uns gegenseitig, wenn denn einmal in Transaktionen, Gesellschafterversammlungen und sonstigen Meetings notwendig. Syndizierungen können aber Sinn ergeben, wenn es Personen gibt, die eher passiv investieren wollen und es einen starken Lead im Syndikat gibt. Dies gilt natürlich auch, wenn vom Start-up Ticketgrößen als Mindestinvestment aufgerufen werden, die nur durch Bündelung der Investments Einzelner über ein rechtliches Vehikel erreicht werden können. Für Start-ups liegt bei einer Vielzahl von Investoren der Vorteil auf der Hand: Nicht zu viele eigenverantwortlich handelnde „Flöhe“ am Tisch der Gesellschafter und Einfachheit der (gesellschafts)rechtlich verbindlichen Erklärungen und Maßnahmen.

Welche Qualitäten muss ein Gründerteam mitbringen, um Sie zu begeistern und von einem Investment zu überzeugen?

Leidensfähigkeit, Lernfähigkeit, Ehrgeiz, die Bereitschaft, Fehler einzugestehen und gegebenenfalls in der Folge hierzu das Geschäftsmodell anzupassen, Fokussierung auf den Kernbereich, analytisches Denken (insbesondere wenn es um die Wettbewerbs- und Marktanalyse sowie das Hinterfragen von Ist-Abweichungen vom Plan geht). Have a Plan!

Zum Abschluss eine Frage zum Business Angel Ecosystem in Deutschland: Was gefällt Ihnen gut und was muss sich Ihrer Ansicht nach in der Frühphasenfinanzierung ändern?

Ich halte das Business Angel Umfeld in Deutschland für gut und angemessen organsiert, sei es über lokale Angel-Netzwerke, Vereine oder BAND selbst. Dazu halte ich die versierten Business Angels auch für stark genug, in zukünftigen Finanzierungsrunden gegen VC Firmen hinsichtlich Beibehalt ihrer Beteiligungsrechte (die in einer Phase des höchsten Risikos gewährt wurden) bestehen zu können. Ich würde mir allerdings noch mehr institutionelle öffentliche oder private Beteiligungsfirmen wünschen, die sich im Rahmen eines Matching, wie z.B. eines double up, bereits in der Frühphase gemeinsam mit (professionellen) Business Angels in vielversprechenden Startups zu engagieren bereit sind. Das Modell „INVEST – Zuschuss für Wagniskapital“ halte ich von der Idee wie aber auch von der unbürokratischen Handhabung her für ausgezeichnet, mehr Modelle dieser Art täten der Szene natürlich gut. Ein gewisses Risiko sehe ich für Business Angels in Deutschland im Fehlen ausreichend vieler „Anschlussfinanzierer“ in einem Stadium, wo das Wachstum noch nicht groß genug ist bzw. noch nicht ausreichend viele relevante Key Performance Indicators bewiesen wurden, um als Start-up für VCs vom Finanzierungsvolumen und Bewertungsmodell her interessant genug zu sein.

Wolfman Holdings GmbH
Prof. Wolf M.Nietzer, MBA
Dittmarstr. 68, 74074 Heilbronn
Email: wmn@wolfmanholding.com

Mit Wolf Michael Nietzer sprach BAND Projektmanager Matthias Wischnewsky

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