Lieber Markus, herzlichen Glückwunsch zu Eurem Erfolg beim KUER.NRW Businessplan Wettbewerb! Wie war denn das Feedback in Eurem Umfeld und gab es evtl. auch schon Kontaktaufnahmen seitens potenzieller Investoren oder Business Angels?
Es gab schon recht viel Feedback über Social Media und die ein- oder andere Nachricht mit Glückwünschen. Das hat uns natürlich sehr gefreut und auch die Uni Bochum war sehr begeistert über unseren Erfolg. Im direkten Zusammenhang mit dem Erfolg im KUER.NRW Businessplan Wettbewerb gab es tatsächlich bereits einen potenziellen Investor hier bei uns aus der Region, der uns kontaktiert und Interesse bekundet hat. Darüber hinaus erreichen uns aber immer mal wieder Anfragen von potenziellen Investoren.
Kannst Du für alle, die sich noch nicht mit Euch beschäftigt haben, PhycoSystems noch einmal kurz vorstellen und erläutern, was Ihr genau macht und wo Euer Produkt zur Anwendung kommt?
Wir beschreiben das Ganze gerne als „Vertical Farming für Mikroalgen“. Mikroalgen sind einzellige Pflanzen, für die wir ein Produktionssystem entwickelt haben, das besteht – stark vereinfacht gesagt – aus Fässern, die beleuchtet und in denen mit einer bestimmten Sensorik und Automatisierung die Algen durch Zellteilung zum Wachstum gebracht werden. Das ist der erste Schritt. Der zweite Schritt ist die Verarbeitung der flüssigen Algenmasse hin zum Algenpulver, was dann letztlich der Rohstoff ist, um den es geht und den wir anbieten. Man muss allerdings dazu sagen, dass es mehr als 20.000 verschiedene Mikroalgenstämme gibt und die haben dann vielfach sehr unterschiedliche Inhaltsstoffe. Abhängig von der jeweiligen Alge haben wir verschiedene Anwendungsgebiete. Aktuell werden Mikroalgen hauptsächlich als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt. Aber wir haben z.B. auch die so genannte Spirulina Alge, aus der der einzige in Europa und den USA zugelassene natürliche blaue Farbstoff für Lebensmittel gewonnen werden kann. Wo wir aber langfristig hinwollen, ist, Mikroalgen als proteinreiches Futtermittel einsetzen zu können, um dadurch Soja zu substituieren.
Wie sehen Eure bisherigen Meilensteine aus?
Ein Meilenstein war im Frühjahr 2021 unsere zweite wirklich gute Prototypenreihe, die jetzt aktuell auch im Einsatz ist. Mitte des Jahres hatten wir dann das Exist-Gründerstipendium bekommen, was natürlich die Basis für unsere gegenwärtige Entwicklung und Arbeit ist. Der KUER.NRW Businessplan Wettbewerb stellt in zweierlei Hinsicht ebenfalls einen Meilenstein dar. Zum ersten durch den wohl ganz guten Businessplan, den wir im Rahmen des Programms erarbeitet haben. Aber auch durch den Wettbewerb an sich mit dem guten Abschneiden, wovon wir uns in puncto Außenwirkung natürlich noch viel erhoffen. Für den Dezember [2021] haben wir noch einen wichtigen Meilenstein im Visier und zwar unsere nächste Prototypenserie mit erst einmal 20 kleineren Reaktoren, bevor es dann im Frühjahr mit der Patentanmeldung nochmal wichtig wird sowie mit dem industriellen Demonstrator mit einem Volumen von 5.000 Litern, womit wir dann zeigen können, dass das System auch „in groß“ funktioniert und skalierbar ist.
Ihr habt durch den Sieg im KUER.NRW Businessplan Wettbewerb 7.000€ gewonnen, was natürlich sehr schön ist, aber für die generelle Finanzierung benötigt Ihr andere Summen. Wie finanziert Ihr Euch, wofür benötigt Ihr aktuell das meiste Kapital
Die Hauptkosten, die wir haben, entstehen durch die Hardware. Das sind z.B. zahlreiche LED’s und ein 5.000 Liter Reaktor – das kostet natürlich. Für den Trocknungsprozess benötigen wir eine Zentrifuge und ein Trocknungsgerät. All das sind Anschaffungen, die man in der Entwicklungsphase benötigt, um das System auszuprobieren und zu optimieren. Deswegen freuen wir uns natürlich auch über das KUER.NRW Preisgeld, wodurch wir einfach etwas mehr Spielräume in der Reaktorentwicklung haben. Grundsätzlich finanzieren wir uns aktuell über „Exist“, über das wir schon kurz gesprochen haben. Das bedeutet konkret, dass wir Räumlichkeiten, Werkstätten und Labore von der Ruhr-Universität Bochum nutzen dürfen bzw. gestellt bekommen haben, in denen wir arbeiten können. Außerdem bekommen wir ein monatliches Stipendium sowie darüber hinaus noch ein Budget für Sachkosten. Allerdings sind wir auch schon dabei, uns Gedanken über die Finanzierung ab Sommer 2022 zu machen, wenn „Exist“ bei uns ausläuft. Dafür führen wir relativ regelmäßig Gespräche mit Investoren, wägen aber gleichzeitig auch die Vor- und Nachteile einer öffentlichen Finanzierung ab.
Gibt es etwas, das Start-ups aus den KUER Branchen (Klima, Umwelt, Energieeffizienz, Resourcenschonung) generell verbindet oder was deren Arbeit gleichermaßen schwieriger oder leichter macht als die Arbeit „nicht grüner“ Start-ups?
Das gemeinsame Ziel, das eigentlich bei allen Unternehmen der genannten Bereiche gegeben ist, lautet: Den Status Quo in Richtung mehr Nachhaltigkeit und „grüner“ zu machen und damit ökologischen Impact zu erzielen. Was mir vor diesem Hintergrund am KUER.NRW Wettbewerb gut gefallen hat, war, dass nicht nach einem Business Case gesucht wurde, sondern dass im Grunde alle Teams bereits eine Lösung für ein bestehendes Problem entwickelt hatten, bzw. im Verlauf des Wettbewerbs weiterentwickelt haben. Was die Frage nach Gemeinsamkeiten angeht, ist es so, dass viele im Bereich Hardware unterwegs sind, was natürlich kapitalintensiver und somit wahrscheinlich auch schwieriger ist, schnelle Fortschritte zu erzielen. Das wäre vielleicht ein Aspekt, bei dem es die Teams gleichermaßen schwieriger haben als z.B. ein Software Start-up. Was sicherlich ein Vorteil sein könnte, ist, dass das Thema Nachhaltigkeit gegenwärtig ja sehr im Trend liegt und in Zukunft wahrscheinlich auch noch spannender wird.
Magst Du mir ein Feedback zum KUER Wettbewerb geben? Was war gut, an welcher Stelle hättet Ihr Euch andere Unterstützung gewünscht?
Ich fand sehr gut, wie Ihr den Wettbewerb initiiert und konkret Start-ups kontaktiert habt. Denn mittlerweile gibt es ja viele Angebote für Start-ups auf den unterschiedlichsten Kanälen und da fand ich diese Kontaktaufnahme schon gut. Auch die Zuordnung der Mentoren war klasse und hat in unserem Fall gut geklappt, da unser Mentor auch aus dem Bereich Biotechnologie kam. Die Workshops waren sehr hilfreich. Ein Verbesserungsvorschlag wäre hier, diese vielleicht aufzuzeichnen und den Teams zugänglich zu machen, denn man arbeitet ja wahrscheinlich nicht zu dem Zeitpunkt am Marketing, wenn das Thema Marketing auf der Agenda der Workshops steht. Außerdem hat uns das qualifizierte Feedback zu den Businessplänen sehr weitergeholfen. Auch vom Aufbau hat uns das gut gefallen, also dass der Businessplan und der Pitch jeweils zur Hälfte in die Bewertung eingeflossen sind. Ein Verbesserungsvorschlag wäre vielleicht, das Thema „Pitch Training“ auch schonmal früher im Wettbewerb aufzugreifen, allerdings war es natürlich auch gut, sich so direkt vor dem finalen Pitch noch einmal gezielt vorzubereiten.
Kannst Du anderen Gründern evtl. Tipps mit auf den Weg geben?
Das Wichtigste ist aus meiner Sicht tatsächlich früh genug mit den Arbeiten am Businessplan anzufangen und genug Zeit für Korrekturschleifen einzuplanen. Auch sollte man bereits bei der Auftaktveranstaltung eine professionelle Vorstellung von sich abliefern, denn bei uns ergaben sich daraus z.B. direkt die ersten Investorenkontakte. Hinsichtlich des Markteinstiegs gibt es einem Gründer aus meiner Sicht sehr viel Sicherheit, seine Finanzplanung klar zu haben und möglichst genau zu wissen in welchen Mengen und zu welchen Preisen Kunden bspw. im B2B Umfeld bereit sind, ein Produkt zu kaufen.