Foto: © kasto – Fotolia.com
Deutsche Wissenschaftler tun sich schwer, ins Gewand des Unternehmensgründers zu schlüpfen. Diese Auffassung dürfte Allgemeinplatz sein. Das IfM Bonn ist jetzt in einer Studie erstmals der Frage nachgegangen, welche Faktoren für die Gründungsneigung von Wissenschaftlern an deutschen Hochschulen relevant sein könnten. Dafür wurden im Herbst 2013 insgesamt 5.992 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an 73 deutschen Hochschulen aus den Fächergruppen: MINT, Kreativwirtschaft, Gesundheit und Soziales sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften nach ihren Gründungsabsichten befragt.
Dabei konnten die Mittelstandsforscher feststellen, dass Wissenschaftler, die angewandt und/oder multi-disziplinär forschen, sowie Hochschulangehörige, die im Rahmen ihrer Hochschultätigkeit bereits Erfindungen vorweisen können, eine vergleichsweise hohe Gründungsneigung aufweisen. Auch die Belohnung von Leistungen in Forschung, Lehre und Kunst wirkt gründungsfördernd. Solche Forschungsaktivitäten verbreitern das Wissen und erfordern kreative Lösungen. Beides fördert – neben der Entdeckung innovativer fachlicher Erkenntnisse – auch die Fähigkeit der Wissenschaftler, unternehmerische Gelegenheiten zu identifizieren und auszuschöpfen.
Zur Stimulierung der Gründungsneigung an Hochschulen empfiehlt die IfM Studie deshalb, leistungsabhängige Anreize für die Forschung beizubehalten bzw. verstärkt einzuführen. Auch seien alle Maßnahmen zu begrüßen, welche stärker als bisher die multidisziplinäre Forschung, z. B. in Form von Kooperationsprojekten mit anderen Fachbereichen, Forschungseinrichtungen und Partnern aus der Privatwirtschaft, vorantreiben.
Die Analyse zeige zudem, dass Unternehmensgründungen von Kollegen bzw. Mitarbeitern im näheren Umfeld (sogenannte berufliche “Peers”) einen starken positiven Einfluss auf die Gründungsneigung der Wissenschaftler ausüben. Dies unterstreiche die hohe Bedeutung eines gründungsfördernden Klimas auf Hochschul- bzw. Fachbereichs- und Institutsebene. Zu dessen Förderung existieren zwar bereits zahlreiche Maßnahmen; diese erreichen bislang jedoch vorwiegend die Studierenden. Um das Gründungsklima für Wissenschaftler auf der Ebene einzelner Fachabteilungen besser zu fördern, empfiehlt die Studie, unternehmerisch tätige und gleichzeitig in der wissenschaftlichen Community anerkannte Wissenschaftler an die Hochschulen zu holen. Diese könnten als Vorbilder mit hoher Identifikationskraft für andere wissenschaftliche Fakultätsmitglieder fungieren.
Ein weiterer Ansatzpunkt seien Maßnahmen, die die Bildung von externen Netzwerkbeziehungen fördern: Wer gründen will, greift in erster Linie auf die hochschulexternen Kontakte zurück. Als bedeutsam erweisen sich hier vor allem Kontakte zu hochschulexternen Personen mit Markterfahrung und zu Wissenschaftlern, die an anderen Lehr- und Forschungseinrichtungen tätig sind. Daher solle die Vernetzung der Wissenschaftler zwischen den Hochschulen weiter verbessert und der Kontakt zu Vertretern der Wirtschaft weiter erleichtert werden.
Die Gründungsförderung wird von nahezu allen Hochschulen durch entsprechende Angebote unterstützt. Ein deutlicher Schwachpunkt ist der relativ geringe Anteil an Hochschulmitarbeitern, die überhaupt Kenntnis über die Unterstützungsangebote an ihrer Hochschule haben, obwohl diese existieren. Eklatantes Beispiel dafür sind die Technologietransferstellen, die nur gut einem Drittel der Hochschulmitarbeiter bekannt sind, obwohl sie nahezu an jeder Hochschule existieren.
Quelle: Der Einfluss institutioneller Rahmenbedingungen auf die Gründungsneigung von Wissenschaftlern an deutschen Hochschulen”, http://www.ifm-bonn.org/publikationen/ifm-materialien/