Detlev Riesner war und ist Wissenschaftler mit Leib und Seele, Mitgründer von Qiagen und Business Angel aus Überzeugung. Qiagen aus Hilden, mit dem Riesner nach wie vor verbunden ist, darf sich seit dem 20. September 2021 zum illustren Kreis der nunmehr 40 DAX Konzerne zählen. BAND erreichte Detlev Riesner zum ZOOM Interview im schweizerischen Tessin.
Herr Riesner, zunächst herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg „Ihres Unternehmens“ in den illustren Kreis der DAX Konzerne! Wie verbunden sind Sie heute, bald 40 Jahre nach der Gründung, noch mit dem Unternehmen, das Sie aufgebaut haben?
Im Tagesgeschäft bin ich heute gar nicht mehr. Bis 2014 war ich Aufsichtsratsvorsitzender, danach noch bis Ende 2019 im Science- und Technologiekomitee, also der wissenschaftlich beratenden Institution von Qiagen. Als Gast bin ich nach wie vor eingeladen, an beratenden Diskussionen teilzunehmen, wobei man sich inhaltlich natürlich etwas entfernt mit der Zeit, sodass es jetzt aktuell in erster Linie persönliche Beziehungen sind, die mich mit Qiagen verbinden, die aber noch sehr aktiv sind.
Was macht es mit Ihnen, dass „Ihr Baby“ heute den Aufstieg in die Belle Etage der deutschen Konzerne feiern kann?
Es ist primär eine ganz hohe emotionale Befriedigung. Finanziell hat das zunächst gar keine Folgen. Zwar habe ich noch eine Reihe von Gründeraktien, aber ich habe auch viele Aktien verkauft, denn als Business Angel sitzt man nicht auf seinen Aktien, sondern tut etwas damit. Doch der emotionale Impact, dass muss ich sagen, ist schon ganz erheblich. Und als die Nachricht klar war, haben wir im privaten Rahmen natürlich darauf angestoßen. Und die Stadt Hilden platzt natürlich gefühlt vor Stolz, dass jetzt dort ein DAX Unternehmen ansässig ist.
In Ihrem im letzten Jahr erschienenen Buch „Erlebtes zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, vornehmlich mit Viroiden, Prionen und Qiagen“ schildern Sie Stationen Ihrer Karriere. Könnten Sie so nett sein und die wichtigsten Stationen einmal kurz skizzieren, um Ihren Werdegang zu verstehen?
Dazu muss ich vorab sagen, ich war bis zum Tage meiner Pensionierung hauptamtlich immer Institutsleiter und Hochschullehrer, hatte dazu sämtliche Ämter wie Dekan, Prorektor und Hochschulratsmitglied inne, sodass meine Qiagen Tätigkeit immer zusätzliche Arbeit war, aber eben sehr erfreuliche zusätzliche Arbeit. Um auf den Anfang meiner Karriere zu sprechen zu kommen: Nach meinem Diplom in Physik an der technischen Hochschule in Hannover hatte ich das große Glück, dass ich bei Manfred Eigen in Göttingen als Doktorand angenommen wurde. Eigen war damals so etwas wie der Shooting Star in der Szene, und es kam dann ein Jahr später 1967 der Nobelpreis für ihn, sodass ich in einem Top-Institut war. Nach erfolgreicher Doktorarbeit und Post-Doc Zeit, zuerst in Deutschland, später in Princeton (USA) bin ich zurück nach Hannover an die Medizinische Hochschule gegangen und konnte mich dort habilitieren. Schon ein Jahr später erhielt ich den Ruf auf eine C3-Professur nach Darmstadt und habe den Übergang benutzt, um mich auf ein ganz eigenes Forschungsgebiet zu konzentrieren. Ich habe an der Struktur und Funktion von kleinen infektiösen Ribonukleinsäuren (RNA), den sogenannten Viroiden geforscht, von denen damals viele glaubten, dass es sie gar nicht gibt. Ein Durchbruch gelang dann dadurch, dass wir in der Lage waren, DNA und RNA in großen Mengen zu reinigen und die neuen Methoden Wissenschaftlern weltweit zur Verfügung zu stellen. Wir hatten da einen ganz neuen Markt eröffnet, indem wir Mediziner in die Lage versetzt hatten, Gentechnik zu betreiben.
Was uns als BAND natürlich besonders interessiert, ist auch Ihre Tätigkeit als Business Angel. Können Sie dazu ein wenig erzählen, wie das bei Ihnen losging und wie Sie Ihre Tätigkeit als Business Angel wahrnehmen?
Ich bin da eigentlich „so reingerutscht“. Es gab nicht den einen Moment, wo ich sagen könnte, jetzt bin ich offiziell Business Angel. Die Aktivitäten von BAND zum Beispiel, da war ich einige Zeit gerne auf den Veranstaltungen, aber noch gar kein offizielles Mitglied, das kam erst etwas später. Ich denke, etwa 2015 wurde ich dann Angel Investor beim European Angels Funds, wahrscheinlich ist das so etwas wie mein offizieller Starttermin. Wenn Sie mich nach der Art und Weise meiner Angels Tätigkeit fragen: Ich war oft vor allem der Verbindungsmann für unsere Universität. Ich habe viele Kontakte in der Wissenschaft und konnte Personen zusammenbringen, habe auch oft Kollegen beraten – natürlich kostenlos. Ich habe so eine kleine Verwaltungs-GmbH, über die die gesamte Administration meiner Beteiligungen läuft, sodass ich mich im Grunde darauf konzentrieren kann, ob das Wissenschaftliche funktioniert.
Stichwort BAND: Sie sind seit rund drei Jahren Mitglied. Was macht aus Ihrer Sicht das Netzwerk aus, welche Vorteile bietet es und welche Angebote nutzen Sie?
Bei den Veranstaltungen bin ich gerne dabei -auch schon vor meiner offiziellen Mitgliedschaft. Die Videoveranstaltungen sind auf Dauer natürlich etwas ätzend, aber es ist mir klar, dass es nicht anders ging in letzter Zeit. Bei den kommenden Präsenzveranstaltungen bin ich gerne wieder dabei. Ich war auch regelmäßig in Jurys, wenn es darum ging, Pitches auszuwählen und dergleichen. Nun hat BAND an manchen Stellen einen fast edukativen Charakter, z.B. im Hinblick auf die Verträge (GESSI), aber dafür hatte ich immer meinen Geschäftsführer und habe das weniger in Anspruch genommen, dennoch schätze ich sehr, dass BAND das anbietet. Das Netzwerk von BAND habe ich immer gerne genutzt und zu Frau Günther und Herrn Kirchhof gibt es ja auch einen sehr guten persönlichen Draht.
Sie hatten im Vorfeld erwähnt, dass Ihr letzter Erfolg als Business Angel nur rund zwei Monate zurückliegt, als RheinCell mit Erfolg an Catalent (USA) verkauft wurde.
RheinCell haben wir in der Tat günstig verkauft. Die haben jetzt also einen ganz potenten Investor aus den USA, der den Standort auch noch weiter ausbauen möchte. Das war uns sehr wichtig und hat funktioniert. Das Geld, das ich dort verdient habe, kann ich jetzt natürlich wieder gut investieren.
Können Sie ein wenig aus dem „Nähkästchen plaudern“, wie es um Ihr aktuelles Portfolio bestellt ist und wie aktiv Sie in der Hinsicht (noch) sind?
Ich habe kürzlich gesagt, dass ich aufgrund meines Alters, das sich ja auch nicht verheimlichen lässt, jetzt nichts Neues mehr anfangen möchte. Wenn ich mal zusammenzähle, sind es aktuell noch vier Unternehmen, bei denen ich involviert bin. Und in erster Linie bringe ich da meine wissenschaftliche Expertise ein. Das Zusammenzählen meiner Beteiligungen ist mittlerweile auch tatsächlich etwas einfacher geworden. Früher waren das deutlich mehr.
Lieber Herr Riesner, vielen Dank für Ihre Zeit und das inspirierende Gespräch. Wir freuen uns darauf, das Ganze im November beim Deutschen Business Angels Tag 2021 in Köln fortsetzen zu können.
Ein ausführliches Gespräch mit Detlev Riesner können Sie am Sonntag, 07. November 2021 auf dem Deutschen Business Angels Tag 2021 verfolgen…